„Wetten, dass..?“-Aus als Ende einer Ära

Berlin (dpa) - Frank Elstner kam die Idee zu „Wetten, dass..?“, als er sich schlaflos im Bett wälzte. Sein Ziel: eine Samstagabendshow, über die die Leute noch am Montag sprechen.

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Zuletzt war es gefühlt so, dass die Show für viele bloß noch eine Sendung war, über die man direkt parallel zur Ausstrahlung live in sozialen Netzwerken lästern konnte. Was für eine Entwicklung.

Nach dann 215 Ausgaben innerhalb von 33 Jahren soll im Dezember Schluss sein mit dem ZDF-Klassiker „Wetten, dass..?“.

"Wetten, dass..?"-Ära endet nach 33 Jahren
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"Wetten, dass..?"-Ära endet nach 33 Jahren

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In den vergangenen drei Jahrzehnten, vor allem in den 80er und 90er Jahren, war es lange Zeit so, dass die Menschen tatsächlich nach dem Wochenende in Büros oder auf Schulhöfen über die Wetten sprachen, die vom Brustmuskelzucken bis zum Buntstifteschmecken reichten - bei letzterem gab es 1988 einen legendären Betrugs-Skandal.

Gesprächsthema waren auch einige Gäste: Schauspieler Götz George flippte zum Beispiel 1998 aus, weil Moderator Thomas Gottschalk angeblich so schlecht über dessen neuen Film informiert gewesen sei. Als Höhepunkte galten dagegen Auftritte von Weltstars wie Michael Jackson (erstmals 1995 spektakulär mit dem „Earth Song“ über der Bühne hängend). Selbst Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow nahm 1996 auf der Show-Couch Platz.

Und immer und immer wieder, jetzt am Samstag auch Hollywood-Star Cameron Diaz in Offenburg, verabschiedete sich ein ausländischer Gast frühzeitig von der Bühne, um noch angeblich den Flieger zu kriegen.

Popstar Robbie Williams erklärte dazu vergangenen Oktober in einem „Welt am Sonntag“-Interview, er sei stets gerne in die ZDF-Show gegangen - solange er nicht auf die Couch müsse: „Ich will nur nicht drei Stunden auf diesem Sofa sitzen. Ich habe das nie mitgemacht. Meine Ausrede war immer: Mein Flugzeug wartet draußen auf mich.“

Der britische Sänger war auch im November 2012 in jener Sendung zu Gast, in der sich US-Filmstar Tom Hanks eine Katzenmütze aufsetzen musste. Oft wurde über diese Ausgabe gespottet; Williams und Hanks sprachen auch selber darüber in einer Radio-Sendung der BBC.

Früher - in der Zeit vor Facebook, Twitter, YouTube undsoweiter - war der Respekt vor dem Fernsehen oft groß, manchmal übertrieben groß. In seinem Bestseller „Generation Golf“ beschrieb Florian Illies vor 14 Jahren nostalgisch die heile Kinderwelt der 80er Jahre, in denen er im Kapuzenbademantel „Wetten, dass..?“ habe gucken dürfen: „Niemals wieder hatte man in späteren Jahren solch ein sicheres Gefühl, zu einem bestimmten Zeitpunkt genau das Richtige zu tun.“

Diese Emotion kennen Kinder des Jahres 2014 - wenn überhaupt - wohl eher mit anderen und je nach Elternhaus wohl auch mit ganz unterschiedlichen Sendungen.

Die Zeit der Unterhaltungsformate mit Riesen-Einschaltquote, Familienzusammenführungs-Charakter und allseits beliebten Showmastern (wie einst eben Thomas Gottschalk, Rudi Carrell, Peter Frankenfeld oder Hans-Joachim Kulenkampff) scheint bereits lange vorbei zu sein. TV-Figuren wie Dieter Bohlen, Florian Silbereisen, Stefan Raab, Joko & Klaas und selbst Günther Jauch spalten mehr, als dass sie am Abend vor dem Fernseher versöhnen.

Und der smarte Südtiroler Markus Lanz vermochte in den letzten Jahren eben nicht einmal mehr, mit dem scheinbar gegen einen Untergang gewappneten TV-Flaggschiff „Wetten, dass..?“ die Zehn-Millionen-Marke zu knacken. In den ersten Jahrzehnten war dies (wahrscheinlich auch mangels Alternativen) geradezu eine Selbstverständlichkeit - allein in der Bundesrepublik lockte die Show regelmäßig um die 20 Millionen Zuschauer vor die Glotze.

So kommt es also, dass in Deutschland zurzeit die zweistellige Millionenzahl nur noch ein gänzlich anderes Fernsehformat (abgesehen vom großen Sport) regelmäßig schafft. Statt um Wetten und Witzchen geht's dabei um Mord und Totschlag und soziale Konflikte: am Sonntagabend im ARD-„Tatort“.