Zwei Landesministerien beobachten islamischen Unterricht
Wiesbaden (dpa) - Angesichts der politischen Turbulenzen in der Türkei behält sich das hessische Kultusministerium Konsequenzen für den islamischen Religionsunterricht vor. Im Blick steht dabei die türkisch-islamische Dachorganisation Ditib.
Gegenwärtig gebe es keinen Einfluss des türkischen Staates auf den Unterricht, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Wiesbaden. „Sollte jedoch auf unsere Lehrkräfte und die Unterrichtsinhalte Einfluss genommen werden, so würden wir umgehend einschreiten und die Zusammenarbeit mit Ditib Hessen beenden.“
Die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter hatte zuvor die Landesregierung aufgefordert, ihre Zusammenarbeit mit Ditib beim Religionsunterricht zu überdenken. Die Organisation sei strukturell, finanziell und ideologisch abhängig von Diyanet, der türkischen Religionsbehörde, die wiederum unmittelbar dem türkischen Ministerpräsidenten unterstellt sei, sagte Schröter der „Frankfurter Neuen Presse“ (Mittwoch).
Hessen hatte 2013 den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht eingeführt, Kooperationspartner ist auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Damals sei Ditib noch eine moderate Organisation gewesen, sagte Schröter. Doch gerade die hessische Ditib habe sich durch den Einfluss der Türkei stark verändert. 2012 war bereits in Nordrhein-Westfalen der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht als reguläres Fach eingeführt worden.
Der Sprecher des Kultusministeriums in Wiesbaden sagte, sein Haus beobachte die Entwicklungen in der Türkei mit großer Sorge. Rheinland-Pfalz kündigte an, weitere Verhandlungen über den dort geplanten Islamunterricht mit Ditib kritisch zu prüfen.
Auch das baden-württembergische Kultusministerium wertet angesichts der Turbulenzen in der Türkei Aussagen der Ditib aus. Eine direkte inhaltliche Auswirkung auf den islamischen Religionsunterricht an baden-württembergischen Schulen erwartet das Ministerium aber nicht.
Die Aussagen der Ditib, die direkt der türkischen Religionsbehörde untersteht, würden beobachtet und ausgewertet, sagte eine Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Hieraus gewonnene Erkenntnisse müssten bei einer Beurteilung von Staatsferne und Rechtsstaatlichkeit - vor allem bei einem Verfahren zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft - berücksichtigt werden.
Die Ditib (Islamische Union der Anstalt für Religion) möchte islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung erteilen und hat dies bereits beim Ministerium beantragt. Über die dafür erforderliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft ist noch nicht entschieden worden. In Hessen behält sich das Kultusministerium Konsequenzen für den islamischen Religionsunterricht vor - Kooperationspartner ist dort die Ditib.