„Moralisch höchst fragwürdig“ Wohnung an WGL-Mitarbeiterin verkauft – Interessent erzürnt
Leverkusen. · Dirk Thaleiser finde das Vorverkaufsrecht „moralisch fragwürdig“.
Die Lage am Wohnungsmarkt ist angespannt, auch in Leverkusen. Mieten und Kaufpreise steigen, Interessenten müssen sich gegen viele Konkurrenten durchsetzen. Die Wohnungsgesellschaft Leverkusen (WGL) macht es diesen Kaufinteressenten nicht leichter, wie Dirk Thaleiser jetzt festgestellt hat.
Er besitzt eine Eigentumswohnung an der Carl-Leverkus-Straße. Im Haus wohnte auch seine Mutter zur Miete, sie starb Ende 2018. „Daraufhin habe ich überlegt, dass ich die Wohnung gerne kaufen würde und habe das auch der WGL mitgeteilt“, sagt Thaleiser. Dabei wurde ihm gesagt, dass die Wohnung im Höchstgebotsverfahren verkauft werden soll. Sobald die Wohnung auf den Markt komme, könne er sein Angebot abgegeben. „Also habe ich gewartet, bis die Wohnung zum Kauf angeboten wird“, sagt Thaleiser. Doch das wurde sie nicht.
Stattdessen hörte er, dass die Wohnung verkauft worden war – an eine Mitarbeiterin der WGL: „Also habe ich bei der WGL angerufen und gefragt, was da los ist.“ Die Antwort: Eine Mitarbeiterin habe die Wohnung gekauft, bezahlt habe sie dafür allerdings nicht den Preis, der eventuell beim Höchstgebotsverfahren erzielt worden wäre.
Konkret geht es um eine 58 Quadratmeter große Erdgeschosswohnung mit Terrasse und Tiefgaragenplatz. Ein WGL-Mitarbeiter hatte Thaleiser gesagt, die WGL wolle für die Wohnung einen Preis zwischen 140 000 bis 150 000 Euro erzielen. Die WGL-Mitarbeiterin soll für die Wohnung allerdings deutlich weniger bezahlt haben.
Ein Unding, wie Thaleiser findet. Auf Nachfrage bei der WGL sei ihm mitgeteilt worden, dass Vergünstigungen für Mitarbeiter normal seien. „AEG-Mitarbeiter bekommen ja auch einen Rabatt, wenn sie eine Waschmaschine kaufen“, habe man ihm erklärt. Das Vorgehen der WGL sei bereits 2013 vom Aufsichtsrat beschlossen worden.
Thaleiser argumentiert, der
Stadt Leverkusen entgehe Geld
„Ich finde das moralisch höchst fragwürdig“, sagt Thaleiser. Leverkusen sei hoch verschuldet und verzichte so auf Mehreinnahmen: „Je nachdem, bei wie vielen Wohnungen das bereits so gemacht wurde, summiert sich das doch.“ Das gehe zu Lasten der Stadt, und damit der Bürger: „Von dem Geld könnte man auch Spielplätze oder Kitas besser ausrüsten.“ Vor allem möchte er wissen, warum der WGL-Aufsichtsrat diesen Beschluss gefasst hat – und um wie viel Geld es sich handelt.
Bei der WGL könne man die Aufregung nicht nachvollziehen. „Die WGL verkauft nur selten Wohnungen, der Verkehrswert wird von einem unabhängigen Gutachter ermittelt“, sagt Klaus-Ulrich Heimann, Referent des WGL-Geschäftsführers Wolfgang Mues. Wenn ein Mitarbeiter Interesse an einer Wohnung anmeldet, kann er diese zum Verkehrswert kaufen. Das Höchstgebotsverfahren werde dann erst gar nicht eingeleitet.
Dass die Stadttochter WGL damit Geld verliert, stimme zwar. „Aber das ist ja fiktiv, denn man weiß ja gar nicht, ob das Höchstgebot höher als der Verkehrswert wäre.“ Im übrigen sei es normal, dass Mitarbeiter in ihren Unternehmen Rabatte erhalten: „Das gibt es in allen Branchen, bei Autoherstellern, Brauereien und überall sonst.“ Genaue Zahlen, wie viele Wohnungen die WGL an Mitarbeiter verkauft hat, konnte Heimann nicht nennen, aber es seien sehr wenige: „Ich glaube, dass es je eine Wohnung in den Jahren 2018 und 2019 war.“ cebu