Schwerpunkte in NRW und Bayern 60 000 Metaller im Warnstreik
Düsseldorf/Schweinfurt (dpa) - Im Kampf um 6 Prozent mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten hat die IG Metall die Warnstreiks am Dienstag kräftig ausgeweitet. Allein in Nordrhein-Westfalen legten 32.000 Beschäftigte in 143 Betrieben die Arbeit nieder.
Bundesweit waren es 60.000, wie die Gewerkschaft mitteilte. Der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler kündigte bei einer Kundgebung mit 4000 Beschäftigten in Schweinfurt den vielleicht härtesten Tarifkampf seit 20 Jahren an.
Die dritte Verhandlungsrunde für die 3,9 Millionen Metaller in Deutschland beginnt an diesem Donnerstag in Böblingen bei Stuttgart. Der baden-württembergische IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger sagte dem „Handelsblatt“ (Mittwoch), wenn dann „immer noch keine Bereitschaft erkennbar ist, über diese Themen überhaupt ernsthaft zu reden, wird die Situation weiter eskalieren“.
Die Gewerkschaft plant, ihre Aktionen schrittweise auszuweiten und nimmt auch die großen Autokonzerne ins Visier. Bereits an diesem Mittwoch sollen Daimler in Stuttgart, der Lastwagenbauer MAN und Siemens in München bestreikt werden. Am Donnerstag will der IG-Metall-Bundesvorsitzende Jörg Hofmann vor BMW-Beschäftigten in München sprechen.
Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn und das Recht für jeden Beschäftigten, seine Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang von 35 auf 28 Stunden pro Woche zu verkürzen, mit teilweisem Lohnausgleich. Die Arbeitgeber haben eine Einmalzahlung und zwei Prozent mehr Lohn angeboten. Außerdem wollen sie die Arbeitszeit verlängern können.
Schwerpunkte der Warnstreiks waren Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Die Warnstreikwelle begann mit den Nachtschichten. In Neuss zogen Beschäftigte eines Aluminiumwerks mit Fackeln um das Werksgelände.
Bei der Kundgebung in Schweinfurt sagte der bayerische IG-Metall-Chef Wechsler, trotz hervorragender Wirtschaftslage und satter Unternehmensgewinne wollten die Arbeitgeber die Beschäftigten „mit einer mickrigen Lohnerhöhung abspeisen“, die nicht einmal die Inflation ausgleiche: „Schon das ist eine bodenlose Frechheit!“ Außerdem dürften sie nicht länger allein bestimmen wie feudale Gutsherren, was flexible Arbeitszeit sei: „Jetzt sind wir dran.“ Die Warnstreiks in Bayern würden jetzt von Tag zu Tag gesteigert. An der Kundgebung nahmen Mitarbeiter der Industrie- und Autozulieferer Schaeffler, Bosch-Rexroth, ZF und SKF teil.
In Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen mobilisierte die Gewerkschaft 8500 Beschäftigte, davon 2500 beim Autozulieferer ZF in Saarbrücken. IG-Metall-Bezirkschef Jörg Köhlinger sagte, wenn die nächste Verhandlungsrunde kein Ergebnis bringe, könnten es auch 24-stündige Warnstreiks geben. „Dann werden wir die Schraube noch ein Stückchen anziehen“, sagte Köhlinger.
In Baden-Württemberg gab es bei ZF in Friedrichshafen und dem Landmaschinenhersteller John Deere in Mannheim die größten Warnstreiks mit je 1500 Beteiligten, landesweit waren es 6500 Beschäftigte.
Der Tarifexperte Hagen Lesch vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln wies die Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten bei teilweisem Lohnausgleich als „juristisch fragwürdig“ zurück. Schichtarbeiter oder Beschäftigte mit Kindern würden so bevorzugt, wenn sie in Teilzeit gingen, sagte er der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Der bayerische Arbeitgeberverband vbm warf der IG Metall „reine Stimmungsmache“ vor. Streiks schadeten dem Standort.
IG-Metall-Bezirkschef Zitzelsberger sagte, ohne einen Zuschuss der Arbeitgeber für Eltern, pflegende Angehörige oder Schichtarbeiter, die ihre Arbeitszeit reduzieren, werde es keinen Abschluss geben. Aus Gewerkschaftskreisen verlautete, Ende Januar sei die Geduld zu Ende. Die Gewerkschaft kann zu 24-Stunden-Warnstreiks aufrufen, muss aber vor regulären Streiks in einer Urabstimmung ihre Mitglieder befragen.