Konzern „enttäuscht“ Abgasmanipulation: USA verklagen Fiat Chrysler
Washington (dpa) - Das US-Justizministerium hat Fiat Chrysler wegen angeblichen Abgas-Betrugs verklagt. Die am Dienstag eingereichte Zivilklage beschuldigt den italienisch-amerikanischen Autobauer, illegale Software zur Abgaskontrolle in rund 104.000 Dieselwagen installiert zu haben.
Mit dem Rechtsstreit erreicht der seit Anfang des Jahres laufende Konflikt eine neue Eskalationsstufe. Fiat Chrysler teilte in einem Statement mit, das Unternehmen sei enttäuscht über den Schritt des Ministeriums. Der Konzern prüfe die Klageschrift und beabsichtige, sich energisch zu verteidigen. An der Börse sackte die Aktie von Fiat Chrysler um rund vier Prozent ab.
Die US-Umweltbehörde EPA hatte bereits im Januar mitgeteilt, dass sie nach dem Skandal bei Volkswagen auch Fiat Chrysler wegen geschönter Abgaswerte im Verdacht hat. Es geht auch hier um den Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid, der mit Hilfe einer sogenannten Abschalteinrichtung („Defeat Device“) manipuliert worden sein soll. Betroffen sind Jeep Grand Cherokees und Pick-up-Trucks der Marke Ram der Modelljahre 2014 bis 2016. Im März kam heraus, dass das Justizministerium, die Börsenaufsicht und Generalstaatsanwälte mehrerer US-Bundesstaaten ebenfalls ermitteln.
Zudem ist der Konzern, der die Vorwürfe seit Anfang an entschieden zurückweist, in den USA mit Sammelklagen im Namen von Dieselbesitzern konfrontiert. Auch in Europa wird Fiat Chrysler schon länger der Abgas-Trickserei verdächtigt. Zwischen Italien und Deutschland tobt ein Streit um möglicherweise gefälschte Schadstoffwerte. Am vergangenen Mittwoch erst spitzte sich der Konflikt weiter zu, die EU-Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Sie wirft Italien vor, Anschuldigungen gegen Fiat nicht angemessen nachzugehen.
In den USA hatte das Unternehmen am Freitag noch versucht, den Eindruck zu erwecken, dass sich die Auseinandersetzung mit dem Justizministerium entspannt. Fiat Chrysler legte den Umweltbehörden Pläne zur technischen Umrüstung der von den Betrugsvorwürfen betroffenen Dieselwagen vor und zeigte sich zuversichtlich, die Rechtsstreitigkeiten so beilegen zu können. Das Software-Update, mit dem die vermeintlichen Manipulationsprogramme überspielt werden sollten, sei das Ergebnis monatelanger Verhandlungen mit den US-Umweltämtern, hieß es. Doch Fiat Chrysler machte die Rechnung offenbar ohne die EPA.
Die Klage verschärft die Lage für den Autobauer erheblich. Der Fall erinnert nun immer stärker an den Abgas-Skandal von Volkswagen, der die EPA 2015 dazu veranlasst hatte, die Abgaswerte aller Hersteller unter die Lupe zu nehmen, wodurch auch Fiat Chrysler ins Visier der geriet. Die VW-Affäre hatte ebenfalls mit einem Verdacht der US-Umweltbehörden begonnen, der dann eine Klage der US-Regierung nach sich zog. Der Konzern hat inzwischen Kosten in Höhe von 22,6 Milliarden Euro für Vergleiche in Nordamerika verbucht. Allerdings sind bei Fiat Chrysler deutlich weniger Fahrzeuge betroffen - VW hatte Abschalteinrichtungen in fast 600 000 Dieselwagen in den USA installiert.