Handwerk Das Handwerk plagen große Sorgen

DÜSSELDORF · Handwerkspräsident Andreas Ehlert über den schwachen Bausektor, Fachkräftemangel, politische Fehlsteuerung und abschreckende Signale an Migranten.

Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf und NRW-Handwerkspräsident.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das ernste Gesicht, das Handwerkspräsident Andreas Ehlert bei der Neujahrspressekonferenz der Handwerkskammer Düsseldorf macht,  passt zu dem, was er zu verkünden hat. Zwar habe das Handwerk über die gesamte Breite aller Branchen betrachtet die Lage Ende 2023 noch als auskömmlich bezeichnet. Aber die Tendenz sei rückläufig. Für 2024 gehe Handwerk.NRW von einer Halbierung des Umsatzwachstums auf nur noch plus  drei Prozent aus. Preisbereinigt seien das minus 2 Prozent.

Besonders große Sorgen macht dem Handwerk die Baukonjunktur, die etwa die Hälfte der handwerklichen Umsätze ausmacht. Es müsse alles auf den Tisch, was das Bauen einfacher und preiswerter mache, fordert Ehlert. „Wir brauchen schnellere Genehmigungsverfahren, einfachere Standards und weniger Belastung durch Abgaben.“ Konkret fordert Ehlert eine Absenkung der in Nordrhein-Westfalen besonders hohen Grunderwerbsteuer und einen Verzicht auf die geplante Rohstoffabgabe auf Kies. „Wenn so ein Sonderweg in NRW komme, werde er nur die Transportwege länger machen, weil die Rohstoffe dann von woanders, etwa aus den Niederlanden, besorgt würden. „Das würde das Bauen teurer machen, ohne dass damit für das Klima etwas gewonnen würde“, warnt Ehlert.

Auch brauche es mehr privates Kapital im Immobilienmarkt. „Dabei helfen Preisdeckel für Mieten nicht weiter, sondern bessere und verlässliche Förderbedingungen.“ Ehlert erinnert kritisch an das Photovoltaik-Programm, das im vergangenen Herbst aufgelegt worden war. Innerhalb von acht Stunden wurden 33.000 Anträge beschieden und 300 Millionen Euro an Menschen mit eigenem Elektroauto ausgeschüttet „Das sind nicht unbedingt diejenigen, die diese Förderung brauchen“, kritisiert Ehlert. So würden Steuergelder in den Markt geworfen, ohne am Ende etwas Vernünftiges erreicht zu haben.

Große Sorgen bereitet dem Handwerk der Fachkräftemangel. Im Jahr 2023 sei der Mitarbeiterbestand  bereits um rund ein Prozent geschrumpft, was sich wohl 2024 entsprechend fortsetzen werde. Dabei sei die Fachkräftesicherung für das Handwerk „ein Megathema“, betont Ehlert. „Wir werden die Probleme des demografischen Wandels nicht lösen, indem wir uns gegenseitig durch spektakuläre Marketingmaßnahmen den Nachwuchs wegschnappen“, sagt er mit Blick auf die Personalknappheit auch in der übrigen Wirtschaft. Der Handwerkspräsident beklagt: „Zu viele junge Menschen bleiben ohne Ausbildung. Für zu viele junge Menschen ist es zu attraktiv, nicht oder nicht länger zu arbeiten.“ Essenziell sei, dass eine ergebnisoffene Berufsorientierung an allen Schulformen fest verankert werde. Es sei richtig, dass die Landesregierung den ineffizienten Übergangssektor zwischen Schule und Beruf unter die Lupe nehme. „In diesem Übergangsssektor sind zu viele junge Menschen zu lange und mit zu schlechten Erfolgsquoten geparkt“, mahnt Ehlert. „Wir brauchen hier mehr Zug, dass die jungen Menschen rasch in Ausbildung kommen.“ Die berufliche und akademische Bildung müsse gleichen Wert haben.

Fachkräfte können zwar auch aus dem Ausland angeworben werden. Doch Ehlert beklagt: „Unser Land versagt bei der Steuerung von Migration und Integration. Schon wenn es darum gehe, diejenigen zu integrieren, die schon bei uns sind, sind wir zu umständlich. In anderen Ländern ist der Anteil der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die im Arbeitsmarkt schon angekommen sind, doppelt so hoch wie in Deutschland.“

Und man müsse eben auch für qualifizierte und qualifizierungswillige Zuwanderer attraktiv sein. Vor diesem Hintergrund hält Ehlert das, was aus AfD-Kreisen in Sachen Abschreckung von Migranten zu hören ist, für dramatisch. Dort will man Migranten das Leben hierzulande unattraktiv machen, spricht von „Remigration“. „Wenn wir uns nach außen zeigen als Land, in dem Menschen nicht mehr willkommen sind, dann ist das eine Katastrophe.“