Wirtschaft Amprion: Strommasten bleiben stehen

Netzbetreiber kündigt für Trasse in Krefeld neues Gutachten an und erwartet grünes Licht von der Bezirksregierung. Anwalt der Stadt sieht gute Chancen für Erdverkabelung.

Foto: Dirk Jochmann

Düsseldorf. Der Dortmunder Stromnetzbetreiber Amprion ist sicher, dass er seine umstrittenen Stahlgittermasten im Westen Krefelds bald in Betrieb nehmen kann. „Wir werden die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung in Kürze vorlegen“, so Firmensprecher Andreas Preuß auf Anfrage unserer Zeitung. „Auf dieser Basis erwarten wir dann grünes Licht von der Bezirksregierung in Düsseldorf.“

Philipp Heinz beurteilt die Lage völlig anders. „Die Politik setzt bei Stromtrassen inzwischen auf Erdverkabelung und nicht auf Freileitungen“, sagt der Berliner Anwalt. Er hat die Klage der Stadt Krefeld vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen das Amprion-Projekt vertreten. Mit Erfolg. Im Dezember 2013 entschied das Gericht, dass die Bezirksregierung Düsseldorf die Freileitung ohne die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt habe.

Die strittige Leitung verläuft weitgehend auf Krefelder Gebiet und dient einem Lückenschluss im Höchstspannungsnetz. Im Westen der Stadt nähert sich die Trasse mit ihren 70 Meter hohen Masten den Wohnhäusern bis auf 30 Meter. Krefeld hatte deshalb verlangt, dass 2,3 der 7,4 Kilometer langen Leitung als Erdkabel verlegt werden, um die Menschen vor Elektrosmog zu schützen. Das hatte die Firma wegen der hohen Kosten abgelehnt.

„Wenn Amprion jetzt neue Fakten vorlegt, muss die Öffentlichkeit erneut an dem Verfahren beteiligt werden. Erst danach kann es einen Planfeststellungsbeschluss geben“, erläutert Philipp Heinz. „Das Verfahren dauert mindestens sechs Monate.“

17 von 21 Stahlgittermasten hat Amprion bereits errichtet. „Wir sind sicher, dass wir sie nicht wieder abreißen müssen“, sagt Firmensprecher Preuß. Auch das neue Erdkabel-Gesetz für Strom-Fernleitungen des Bundes komme nicht zum Zuge. „Die rechtliche Grundlage für die Trasse in Krefeld ist eine andere“, so Preuß. „Der Vorrang für Erdkabel gilt dort nicht.“

Um den im Norden reichlich vorhandenen Windkraft-Strom in den Süden der Republik zu schaffen, plant Deutschland mehrere Gleichstrom-Autobahnen. Zwei führen durch NRW: Die Trasse Emden-Osterath soll ein Erdkabel bekommen, Osterath-Philippsburg wird dagegen eine Freileitung, weil es dort bereits Masten gibt. Laut Preuß sorgt die Krefelder Trasse für eine effizientere Verteilung des Ökostroms in der Region.

Zunächst hatte die Bundesregierung vor allem auf Freileitungen gesetzt. Doch der Widerstand in der Bevölkerung gegen die riesigen Stahlgittermasten nimmt stetig zu, vor allem in Bayern. Hinzu kommt die Angst vor Elektrosmog. Insbesondere CSU-Chef Horst Seehofer wetterte gegen die „Monster-Trassen“. Er setzte sich schließlich durch und es kam zum Erdkabel-Gesetz, das den Vorrang für Erdleitungen bei Stromautobahnen festschreibt.

Der Bau solcher Trassen dauert länger und ist im Vergleich zu Freileitungen bis zu fünf Mal teurer. Zahlen müssen das die Stromverbraucher. Die Netzentgelte machen schon jetzt ein Viertel des Strompreises. Dieser Anteil wird zunehmen, wenn große Teile der Strom-Autobahnen als Erdkabel verlegt werden. Schätzungen gehen davon aus, dass der Netzausbau bis 2025 Kosten von 40 Milliarden Euro verursachen wird.