Athen beißt mit Hilfsantrag in Berlin auf Granit
Brüssel/Berlin/Athen (dpa) - Das pleitebedrohte Griechenland ist mit seinem neuen Hilfsantrag in Berlin vorerst abgeblitzt.
In der vorliegenden Form lehnt die Bundesregierung den Antrag auf eine Verlängerung der Ende Februar auslaufenden Hilfen strikt ab. „Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag“, sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Jäger, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Die Griechen hatten den lange angekündigten Antrag am Donnerstagmorgen auf den Weg gebracht. Am Freitagnachmittag treffen sich Schäuble und seine Kollegen aus der Eurozone zu einer Sondersitzung in Brüssel. Dort soll ein Ausweg aus der verfahrenen Situation gefunden werden. Die Zeit wird für Athen immer knapper: Am 28. Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer aus. Ohne Verlängerung droht Griechenland die Pleite.
In dem Schreiben an die Eurogruppe, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, bittet der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis um eine sechsmonatige Verlängerung der Finanzhilfen für das Krisenland - also faktisch bis Ende August. Darin akzeptiert Griechenland auch weitere Überwachungen durch die EU und die Europäische Zentralbank (EZB) sowie den Internationalen Währungsfonds (IWF). Zudem erkennt Athen die Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Geldgebern an. Zugleich will die neue Regierung dem Brief zufolge „substanzielle, weitreichende Reformen beginnen, die nötig sind, um den Lebensstandard von Millionen griechischer Bürger (...) wiederherzustellen.“
Jäger sagte, in Wahrheit ziele der Antrag auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen: „Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien.“
Nach Angaben aus griechischen Verhandlungskreisen fordert die Bundesregierung unter anderem einen Verzicht auf bereits angekündigte Arbeitsmarkt- und Sozialreformen. In der Vorbereitungssitzung für das Eurogruppen-Treffen habe der deutsche Vertreter darauf bestanden, dass in Griechenland keine Entscheidungen mehr getroffen werden dürften, die gegen die Auflagen im aktuellen Hilfsprogramm verstoßen oder die Finanzsituation des Landes negativ beeinträchtigen, hieß es unbestätigten Angaben aus Brüssel zufolge.
Berlin will nach Angaben von griechischer Seite zudem, dass bestimmte Verpflichtungen klar schriftlich festgehalten werden. Eine mögliche Formulierung könnte demnach lauten: „Wir beantragen die Verlängerung des laufenden Programmes und machen Gebrauch von der darin vorgesehenen Flexibilität. Wir werden mit den Institutionen (IWF, EZB, EU-Kommission) jede Änderung von früher vereinbarten Maßnahmen abstimmen. Und wir haben das Ziel, das Programm erfolgreich abzuschließen.“
In der schwarz-roten Koalition sorgt Schäubles Vorgehen derweil für Verstimmung. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) riet dazu, „dass wir diese neue Haltung der griechischen Regierung als Ausgangspunkt für Verhandlungen nutzen und nicht vorher bereits öffentlich ablehnen“. Man sollte jetzt Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und der EU-Kommission die Zeit und die Chance zu ernsthaften Verhandlungen mit Griechenland geben und dann den Abschluss der Verhandlungen bewerten. „Jetzt ist es dafür zu früh.“
Bei einem Termin in Potsdam sagte Gabriel: „Ich bin froh, dass Griechenland deutlich gemacht hat, dass sie ein neues Programm haben wollen. Ich bin dafür, dass wir jetzt nicht zu schnell ja oder nein sagen.“ Allerdings ist auch Gabriel der Auffassung, dass der Antrag Athens in seiner aktuellen Form nicht ausreichend sei, wie er der „Bild“-Zeitung (Freitag) sagte.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras telefonierte am Donnerstagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie aus Athener Regierungskreisen verlautete. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Ein enger Mitarbeiter von Tsipras sprach lediglich von einem „konstruktiven“ Klima des etwa 50-minütigen Gesprächs.