Wirtschaft bleibt auf Kurs Aufschwung beflügelt Kauflaune der Deutschen
Wiesbaden/München (dpa) - Nach einem Dämpfer für die deutsche Konjunktur stehen die Zeichen auf stärkeres Wachstum zum Jahresende.
Die Konsumlaune der Verbraucher verbesserte sich rechtzeitig zum wichtigen Weihnachtsgeschäft, die Stimmung der Unternehmen ist unverändert gut. Von Juli bis September hatten sinkende Exporte und die Verunsicherung der Wirtschaft nach dem Brexit-Schock jedoch das Wachstum von Europas größter Volkswirtschaft gebremst.
Der Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) halbierte sich im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Vierteljahr auf 0,2 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigt eine erste Schätzung hierzu. Im Frühjahr hatte die Wirtschaftsleistung noch um 0,4 Prozent zugelegt, zum Jahresanfang um 0,7 Prozent.
Getragen wurde die Konjunktur von Juli bis September von der Konsumlust der Verbraucher, den Ausgaben des Staates unter anderem für die Versorgung und Unterbringung Hunderttausender Flüchtlinge sowie dem Bauboom. Arbeitslosigkeit und Inflation sind niedrig, Sparbuch und Co. werfen wegen der Zinsflaute kaum noch etwas ab.
Das sorgt für Kauflaune. „Der private Konsum erlebt das stärkste und längste Wachstum seit 1992“, erklärte ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die Unternehmen hielten sich im ersten vollen Quartal nach dem Brexit-Votum dagegen mit Investitionen in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge zurück. Die entsprechenden Ausgaben sanken gegenüber dem Vorquartal um 0,6 Prozent. Zudem bremste der Außenhandel die deutsche Wirtschaft: Die Ausfuhren gingen um 0,4 Prozent zurück, die Einfuhren stiegen hingegen um 0,2 Prozent.
Ökonomen erwarten, dass der Konsum die deutsche Konjunktur auch in nächster Zeit auf Kurs halten wird. Zum Weihnachtsgeschäft verbesserte sich die Laune der Verbraucher wieder. Der monatliche GfK-Konsumklimaindex erhöhte sich nach zwei Rückgängen in Folge für den Dezember wieder auf 9,8 Punkte.
„Der private Konsum wird damit sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr eine wesentliche Stütze der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland bleiben“, sagten die Marktforscher der Nürnberger GfK voraus. Sie erwarten, dass die realen privaten Konsumausgaben 2016 im Vergleich zum Vorjahr um etwa zwei Prozent zulegen werden.
Nach Einschätzung der Bundesbank wird der konjunkturelle Dämpfer im dritten Quartal schnell abgehakt. „Im letzten Vierteljahr 2016 dürfte die deutsche Wirtschaft nach der temporären Verlangsamung im Sommer wieder deutlich stärker wachsen“, schrieb die Notenbank in ihrem aktuellen Monatsbericht.
„Der Aufschwung in Deutschland bleibt intakt“, sagte auch Ifo-Chef Clemens Fuest. Die Unternehmen zeigten sich im November insgesamt in unverändert guter Stimmung. „Die deutsche Wirtschaft scheint von der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten vorerst unbeeindruckt“, sagte Fuest. Etwas skeptischer als im Vormonat zeigte sich die Industrie bei der monatlichen Befragung des Ifo-Instituts. Im Groß- und Einzelhandel verbesserte sich die Stimmung. Das Baugewerbe boomte.
Die Unsicherheit für das kommende Jahr ist allerdings aus Ökonomen-Sicht gewachsen - auch durch den Trump-Sieg. Der Republikaner hatte sich im US-Wahlkampf für höhere Zölle gegenüber wichtigen Handelspartnern ausgesprochen. Bereits an seinem ersten Arbeitstag im kommenden Jahr will er das transpazifische Handelsabkommen TPP kippen. Das könnte den schwächelnden Welthandel belasten und die exportorientierte deutsche Wirtschaft treffen.
Im dritten Quartal hielten Deutschlands Börsenschwergewichte Kurs. Die 30 Dax-Konzerne setzten mehr um und verdienten operativ so viel wie nie zuvor von Juli bis September, wie aus einer Analyse des Beratungsunternehmens EY hervorgeht. Der betriebliche Gewinn stieg zusammengerechnet um 154 Prozent auf den Rekordwert von 32,3 Milliarden Euro. Die Gesamterlöse (ohne Banken) verbesserten sich um 0,5 Prozent auf gut 320 Milliarden Euro.
Sorge bereitet den EY-Experten die zunehmende Tendenz zur Abkehr vom Freihandel. „Solche Entwicklungen bedrohen das Geschäftsmodell großer Teile der deutschen Wirtschaft, das auf dem möglichst freien Zugang zu ausländischen Märkten basiert“, sagte Mathieu Meyer, Mitglied der EY-Geschäftsführung.