Proteste in Frankreich Bahn-Streit im Parlament: Macron startet Medienoffensive

Paris (dpa) - Angesichts der Streikwelle gegen eine Bahn-Reform in Frankreich steigt Staatspräsident Emmanuel Macron nun selbst in den Ring. Französische Sender kündigten für Donnerstag und Sonntag gleich zwei Fernsehinterviews mit Macron an, der nur sehr selten Interviews gibt.

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Die französische Nationalversammlung begann heute ihre Beratungen über den geplanten Umbau des staatlichen Bahnunternehmens SNCF, die Regierung verteidigte dort ihre Vorschläge.

„Wir führen diese Reform nicht gegen die Eisenbahner“, sagte Verkehrsministerin Élisabeth Borne im Unterhaus des Parlaments. „Das derzeitige Wirtschaftsmodell ist nicht mehr tragfähig und wird von einem schwindelerregenden Schuldenberg bedroht.“

Der vierte Streiktag seit Anfang des Monats legte am Montag erneut weite Teile des Zugverkehrs in Frankreich lahm. Nur jeder fünfte TGV-Fernverkehrszug fuhr, im Regionalverkehr fielen zwei Drittel der Verbindungen aus. Eine schwierige Situation für viele Reisende und Pendler: „Das ist unerträglich“, sagte ein Frau dem Sender BFMTV.

Der Konflikt gilt als wichtige Kraftprobe für Macron. Bislang hatte er die Kommunikation zu dem Thema allerdings der Regierung überlassen. Die Interviews wurden in Frankreich als Zeichen gewertet, dass der Präsident nun die Notwendigkeit sieht, seine Politik selbst zu erklären. Er hatte in seiner ganzen bisherigen Amtszeit nur zwei Interviews im französischen Fernsehen gegeben.

Die Regierung will das mit rund 50 Milliarden Euro verschuldete staatliche Bahnunternehmen umbauen und die Kosten senken. Außerdem will sie den Bahnverkehr wie auf EU-Ebene vereinbart für Konkurrenzanbieter öffnen. Es gehe weder um eine Privatisierung der SNCF, noch um eine Zerschlagung des öffentlichen Dienstes, beteuerte Ministerin Borne. Ziel sei es, das Angebot zu verbessern, vor allem im Nah- und Regionalverkehr.

Die Debatten in der Nationalversammlung sollen bis Donnerstag andauern, die Abstimmung ist für kommende Woche Dienstag geplant. Danach muss der Senat über das Gesetz beraten.

Der Streik französischer Eisenbahner hat die SNCF nach eigener Einschätzung bereits um die 100 Millionen Euro gekostet. Die Gewerkschaften hatten Anfang des Monats eine lange Protestwelle eingeläutet, bei der immer im Wechsel zwei Tage gestreikt und drei Tage gearbeitet werden soll.

Die Beteiligung an dem Streik lag mit 25 Prozent der SNCF-Beschäftigten am Montag allerdings etwas niedriger als vergangene Woche, als am Mittwoch 30 Prozent die Arbeit niederlegten. Allerdings streikten erneut rund drei Viertel der Lokführer. Auch Verbindungen nach Deutschland waren betroffen. Laut SNCF kann es auch am Dienstagmorgen noch Störungen geben, der Verkehr soll aber schrittweise zur Normalität zurückkehren. Die nächsten Streiks stehen dann Freitag und Samstag an.