Bankern droht bei riskanten Geschäften Haft
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung knöpft sich zockende Manager bei Banken und Versicherungen vor: Ihnen drohen künftig harte Strafen bis hin zu Haft, wenn sie ihre Unternehmen durch besonders riskante Geschäfte in eine Schieflage bringen.
Ein Gesetzentwurf soll die Möglichkeit schaffen, Geschäftsleiter strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen, die ihre Bank oder Versicherung durch Pflichtverletzungen im Risikomanagement in ernste Probleme steuern. In diesen Fällen sind Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Wie die Nachrichtenagentur dpa am Montag aus Regierungskreisen erfuhr, sollen die Pläne bereits am Mittwoch ins Kabinett eingebracht werden.
Die Regierung zieht damit wie bereits andere Länder weitere Konsequenzen aus der Finanzkrise 2008/2009, in der auch in Deutschland Banken vor der Pleite gerettet werden mussten. „Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter im Risikomanagement werden strafrechtlich geahndet, wenn in der Folge das Institut in seinem Bestand oder die Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gefährdet ist“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Bislang gebe es unzureichende Möglichkeiten, gegen solches Fehlverhalten vorzugehen. Das Vorhaben ist Teil eines größeren Gesetzespakets zur Regulierung des Finanzsektors. Auch Großbritannien will Banken Fesseln anlegen. Noch 2013 soll das skandalträchtige Bankenwesen reformiert werden, wie Finanzminister George Osborne in London ankündigte. Kern der geplanten Reform ist die Trennung von risikoreichen Investmentgeschäften und dem Kundengeschäft.
Auch im deutschen Gesetzentwurf ist ein weiterer zentraler Punkt: Größere Institute müssen sich auf eine Abtrennung des risikoreichen Investmentgeschäft vom klassischen Bankgeschäft einstellen. Demnach soll das Kundengeschäft dann abgeschirmt werden, wenn die riskanten Geschäfte einen bestimmten Umfang erreicht haben: Die Vermögenswerte der riskanten Geschäftstätigkeiten müssen mehr als 20 Prozent der gesamten Bilanzsumme ausmachen oder größer als 100 Milliarden Euro sein. Bei Überschreiten des Schwellenwertes muss das Eigengeschäft - also der nicht kundenbezogene Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen auf eigene Rechnung - in einer eigenständigen Handelsgesellschaft gebündelt werden.
Die Pläne orientieren sich an Vorschlägen einer Expertengruppe der EU-Kommission unter Leitung des finnischen Notenbankpräsidenten Erkki Liikanen. Diese plädiert dafür, dass Großbanken die besonders riskanten Teile ihres Investmentbankings abtrennen und in eine Tochtergesellschaft auslagern. Diese kann im eigenen Konzern geführt werden.
Einlagen der Sparer sollen dadurch besser geschützt und Steuerzahler vor neuen Milliardenkosten bewahrt werden, wenn Banken vor der Pleite gerettet werden. Die Gesetzespläne sehen außerdem vor, dass systemrelevante Kreditinstitute eigene Sanierungs- und Abwicklungspläne („Banken-Testamente“) aufstellen.
Der Bundesverband deutscher Banken reagierte verhalten auf die Pläne. Die Vorgaben zum „Banken-Testament“ seien zwar grundsätzlich sachgerecht. Wenig verständlich sei aber, dass die Bundesregierung in dieser wichtigen Frage einen Alleingang plane, bevor die bereits auf den Weg gebrachten EU-rechtlichen Rahmenbedingungen feststünden, beklagte der Verband. Ein nationales Gesetz sei verfrüht.
„Wir sollten nicht durch eine Gesetzgebung im Zick-Zack-Kurs unnötige Hindernisse für eine EU-weit einheitliche Regulierung auf diesem wichtigen Feld aufbauen“, mahnte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer. „Krisen machen nicht an Landesgrenzen halt - wir brauchen auch in diesem Bereich ein koordiniertes Vorgehen.“
Der britische Finanzminister Osborne erklärte zu den Plänen in London: „Die Banken sollen für ihre Kunden da sein und nicht andersherum.“ Sollten Banken die Trennung von risikoreichen Investmentgeschäften und dem Kundengeschäft nicht oder nicht ausreichend vornehmen, würden drakonische Strafen drohen. „Wenn Fehler begangen werden, dann wird es künftig die Bank sein und nicht der Steuerzahler, der die Rechnung zahlt“, betonte Osborne. Die großen britischen Banken Lloyds und Royal Bank of Scotland waren in der Finanzkrise mit 65 Milliarden Pfund vom Staat vor dem Untergang gerettet worden.