Chemiekonzern BASF-Chef: Wollen von Autobranche profitieren
Ludwigshafen (dpa) - Die Autoindustrie erlebt einen Umbruch hin zu Elektromotor und autonomem Fahren. Doch das bringt BASF-Chef Kurt Bock nicht aus der Ruhe. Der Chemiekonzern wolle stark vom Wachstum der Autobranche profitieren - mit Produkten für Fahrzeuge mit und ohne Verbrennungsmotor.
„Die Autoindustrie wächst überdurchschnittlich, und wir wollen mit der Autoindustrie wachsen, auch überdurchschnittlich“, sagte der scheidende Vorstandschef Bock den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.
Er verteidigte im Interview das umstrittene Pflanzenschutzmittel Fipronil, das die EU teils verboten hatte. Bock stellte sich zudem hinter den Bau einer zweiten Gaspipeline zwischen Russland und Europa, gegen die sich östliche EU-Mitglieder wehren. Zur Beschäftigung bei dem Chemieriesen sagte der BASF-Chef, die Zahl der Mitarbeiter weltweit werde wohl wachsen, im Stammwerk Ludwigshafen werde künftig aber nicht jede frei werdende Stelle wiederbesetzt.
Bock wies darauf hin, dass BASF-Produkte für die Autobranche als Hauptumsatzbringer des Konzerns von Motorölzusätzen über Kühlflüssigkeit bis Kunststoff reichen. „Alle diese Geschäfte wachsen.“ Er warnte davor, den Dieselmotor „zu verteufeln“. „Es gibt einen gewissen Hype, die E-Mobilität werde alle Probleme lösen“, sagte er. „Heute aber zu glauben, die E-Mobilität würde in den nächsten zehn Jahren den Verbrennungsmotor ersetzen, wäre absolut naiv.“
BASF-Prognosen zeigten, dass auch in 10, 15 Jahren der Verbrennungsmotor noch dominieren werde. Der Konzern erzielt im Geschäft mit der Autoindustrie rund elf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr (Gesamtumsatz 2017: 64,5 Milliarden Euro).
Zu den Anforderungen der Automobilindustrie sagte Bock, Elektroautos müssten leichter werden, wofür man mehr Kunststoff brauche. Das gelte auch für Autos für autonomes Fahren. „Das sind alles Trends, die wir positiv sehen.“ Am vorteilhaftesten für BASF seien Hybride mit Elektroantrieb und Verbrennungsmotor: Sie bräuchten Katalysatoren und Batterien. Der Konzern produziert unter anderem Batteriematerialien für Elektroautos sowie Katalysatoren.
Noch nicht absehbar ist für BASF das Ende im Rechtsstreit mit der Europäischen Union um das Pestizid Fipronil, dessen Einsatz die EU zum Schutz der Bienen teilweise verboten hatte. Bock verteidigte das Mittel, von dem nur bei falscher Handhabung ein Risiko ausgehe. Der Konzern sei der Ansicht, „dass die Verbotsauflage der EU-Kommission wissenschaftlich nicht begründbar ist. Und das haben wir auch belegt“. Für die Bienensterblichkeit gebe es „keine monokausale Erklärung“ - „und wir wehren uns schlichtweg gegen die Fokussierung auf diesen Punkt““, sagte Bock.
Zum Bienensterben sagte er aber auch: „Es gibt teilweise Einschränkungen der Population, das ist ein Thema, um das wir uns auch kümmern müssen. Das Ziel muss sein, weniger Pflanzenschutzmittel aufzutragen, das ist übrigens ein Ziel seit vielen, vielen Jahren.“ Mit Blick auf den Pflanzenschutz sagte Bock, auch Landwirte wollten Pestizide weniger und spezifischer einsetzen mit weniger Nebenwirkungen. „Das ist ein großer Innovationstreiber für die Pflanzenschutzforschung.“
Der Betriebswirt, der seit 2011 den Dax-Konzern leitet, tritt im Mai ab. Er soll in zwei Jahren an die Spitze des BASF-Aufsichtsrates rücken und dort Jürgen Hambrecht ablösen. Bocks Nachfolger wird sein bisheriger Stellvertreter, der Chemiker Martin Brudermüller.
Den Bau einer zweiten Gaspipeline von Russland nach Europa verteidigte Bock. Demnächst gebe es noch einen höheren Gasbedarf aus Russland, denn die Niederlande würden ihre Fördermengen herunterfahren. Die Leitung Nord Stream 2 gehört der russischen Gazprom, die BASF-Tochter Wintershall schultert zehn Prozent der Kosten. EU-Mitglieder wie Polen warnen, mit der Leitung könne Russland noch mehr Einfluss auf die Gasversorgung in Europa gewinnen.
Mit Blick auf die BASF-Mitarbeiterzahl sagte Bock, die Beschäftigung in der Gruppe werde bei Wachstum weltweit steigen. Am Stammsitz werde zukünftig aber nicht jeder frei werdende Platz wiederbesetzt. Wegen der Frühpensionierungsregeln habe es jahrelang wenige Abgänge gegeben. „Wir haben 35 000 Mitarbeiter und wir hatten Jahre, da haben wir 80 Pensionierungen gehabt.“ Dabei hätten es jährlich etwa tausend sein müssen. „Das haben wir jetzt demnächst auch wieder.“
Das habe nichts mit dem Thema Digitalisierung zu tun, das „viele, viele Chancen“ biete. „Ich warne davor, das Thema Digitalisierung als den nächsten großen Jobkiller hochzuziehen“, sagte Bock. „Aber es hat natürlich Auswirkungen auf die Anforderungsprofile.“