Konzern trennt sich von Currenta Bayer treibt Umbau voran, die Börse jubelt
Düsseldorf · Der Pharmakonzern Bayer und seine ehemalige Tochter Lanxess verkaufen den Chemiepark-Betreiber Currenta. Langfristige Verträge sollen die Beschäftigung jedoch sichern.
Der Bayer-Konzern macht bei seiner Konzentration auf das Pharma- und Agrarchemiegeschäft Fortschritte. Jüngster Coup ist der Verkauf des Chemieparkbetreibers Currenta an Mira, den weltgrößten Infrastrukturfonds, der zur australischen Bank Macquarie gehört. Currenta wurde dabei mit 3,5 Milliarden Euro überraschend hoch bewertet. 60 Prozent der Anteile hielt Bayer, 40 Prozent die ehemalige Bayer-Tochter Lanxess. Nach Abzug von Schulden und Pensionsverpflichtungen fließen Bayer knapp 1,2 Milliarden Euro zu, die Lanxess-Kasse füllt sich mit 780 Millionen Euro. Die Aktien beider Unternehmen zogen am Mittwoch kräftig an. Bayer-Papiere lagen zeitweise sieben Prozent im Plus, bei Lanxess waren es fünf Prozent.
Currenta betreibt eines der größten Chemie-Areale Europas
Currenta betreibt die großen Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen und damit eines der größten Chemie-Areale in Europa. Das Unternehmen versorgt die dort produzierenden Firmen mit Energie, Umwelt- und Sicherheitsdienstleistungen. Derzeit arbeiten rund 3200 Menschen bei Currenta, inklusive der Tochterfirmen sind es 5300. Im vergangenen Jahr erzielte Currenta einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro. Für alle Beschäftigten der Currenta-Gruppe gilt, dass ihre betrieblichen und tariflichen Regelungen trotz der Übernahme für mindestens drei Jahre garantiert sind.
Laut einer Sprecherin von Mira ist geplant, alle Dienstleistungs- und Versorgungsverträge für die drei Standorte für zunächst zehn Jahre weiterlaufen zu lassen. Ferner plant Mira, „erheblich in die Verbesserung der Umweltverträglichkeit und das operative Geschäft von Currenta zu investieren“. Auf Nachfrage dazu hieß es, Mira wolle zum Beispiel so schnell wie möglich aus der Kohleverstromung aussteigen. Dazu seien allerdings klare gesetzliche und energiepolitische Vorgaben notwendig.
Ob das in Krefeld-Uerdingen seit Jahren geplante Gas- und Dampfturbinenkraftwerk nun tatsächlich gebaut wird, bleibt allerdings offen. Laut Currenta ist der rechtliche Rahmen nach wie nicht klar genug. Currenta und Trianel hielten aber an dem Projekt fest. Die effiziente und flexible Kraft-Wärme-Kopplung sei genau die richtige Technologie für Uerdingen.
Bayer setzt mit dem Geschäft seine Reihe von Verkäufen fort. Bereits in den vergangenen Monaten hat der Leverkusener Konzern zwei größere Teile seiner Sparte Consumer Health abgestoßen. Die US-Fußpflegemarke Dr. Scholl’s ging für umgerechnet 520 Millionen Euro an den US-Finanzinvestor Yellow Wood Partners. Bereits im Mai erwarb die Hamburger Beiersdorf-Gruppe die Sonnenschutzmarke Coppertone für 550 Millionen Dollar.
Für die Sparte Tiermedizin sucht Bayer noch einen Käufer
Nachdem Bayer die kleineren Abgaben unter Dach und Fach hat, steht noch die vorerst letzte und zugleich größte Verkaufsaktion aus: die Sparte Tiermedizin. Erneut gelten Finanzinvestoren als wichtigste Interessenten. Als möglicher Käufer wird aber auch der chinesische Mischkonzern Fosun gehandelt. Analysten erwarten, dass Bayer für die Sparte Tiermedizin sechs bis acht Milliarden Euro bekommen kann.
Diese Einnahmen sind für Bayer auch dringend notwendig, um die Nettoverschuldung zu mindern. Durch die Übernahme des US-Unternehmens Monsanto im vergangenen Jahr war der Schuldenberg auf knapp 36 Milliarden Euro gestiegen. Hinzu kommt, dass die Lösung der Glyphosat-Streitigkeiten vor den US-Gerichten den Bayer-Konzern noch viele Milliarden kosten könnte. Der nächste Prozess wird nicht in diesem Monat, sondern erst im Januar stattfinden. Drei Prozesse hat Bayer in erster Instanz verloren und jeweils Berufung eingelegt. 18 400 Klagen sind anhängig. Es geht immer um den Vorwurf, dass Glyphosat von Monsanto Krebs erzeuge. Bayer bestreitet das und verweist auf Studien.
Die Sparte Spezialchemie hatte Bayer bereits 2004 in Gestalt der Lanxess AG abgespalten. Das Kölner Unternehmen dürfte mit dem Geld aus dem Currenta-Verkauf weiter die Kasse für Übernahmen stärken. Mit dem Verkauf des Synthesekautschuk-Herstellers Arlanxeo ist diese bereits gut gefüllt. Der Chef des MDax-Unternehmens, Matthias Zachert, verwies darauf, dass es nun finanziellen Spielraum gebe, um den Wachstumskurs in der Spezialchemie voranzutreiben.