NRW Beißender Spott: Landtagsdebatte über die Wirtschaftsflaute

Düsseldorf. Er hatte sich einen anschaulichen Vergleich ausgedacht, um das von ihm gegeißelte Versagen der rot-grünen Landesregierung in der Wirtschaftspolitik zu beschreiben. Doch die von CDU-Fraktionschef Armin Laschet in der Aktuellen Stunde des Landtags gewählte historische Parallele fällt diesem immer wieder vor die Füße.

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Die politische Konkurrenz nutzt sie als Vorlage für ihren rhetorischen Schabernack.

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Die Situation von Nordrhein-Westfalen mit seiner im Bundesländervergleich desaströsen Wirtschaftslage erinnere Laschet an den 4. Oktober 1957, sagt er. Das war der Tag des Sputnik-Schocks, erklärt er allen später Geborenen. Damals sei die Meldung um die Welt gegangen, dass die Sowjetunion den ersten Satelliten (Sputnik 1) ins All geschossen hatte. Und eben dies habe die amerikanische Nation in ihrem Selbstbewusstsein erschüttert.

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Für NRW sei es nun ein solcher Sputnik-Schock, mit einem Null-Wachstum im wirtschaftlichen Vergleich der Bundesländer an letzter Stelle zu stehen. „Das müsste doch wachrütteln, da kann man doch nicht weitermachen wie bisher“, hält er der rot-grünen Landesregierung entgegen. Die solle sich an der damaligen amerikanischen Regierung ein Vorbild nehmen. Erst sei analysiert worden, wie es dazu kommen konnte, bei der Weltraumfahrt ins Hintertreffen zu geraten. Dann sei eine Vision entwickelt worden: als erster einen Menschen auf den Mond zu schicken. Die Amerikaner hätten damals die Kräfte gebündelt, in Bildung und Forschung investiert. Und NRW?, fragt er rhetorisch. Die Regierung füge sich einfach nur in ihr Schicksal, wenn Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sage, dass die Gründe für die wirtschaftlichen Probleme woanders lägen: im Strukturwandel, im Lohndumping in China, in der Wirtschaftskrise in Brasilien oder bei den Russlandsanktionen. Ironisch fügt er hinzu, dass diese wirtschaftlichen Einbußen aufgrund der verhängten Sanktion offenbar allein NRW-Unternehmen träfen. Und schiebt die Attacke hinterher: „Die Landesregierung will uns weismachen, „jeder in der ganzen Welt soll verantwortlich sein, nur nicht die zwölf Personen auf der Regierungsbank“.

Es fehle sowohl die Analysefähigkeit als auch die Konsequenz, etwas zu ändern. Laschet endet pathetisch: „Die Menschen im Land rufen verzweifelt: Liebe Landesregierung, nimm unsere Sorgen ernst.“

Der SPD-Abgeordnete Frank Sundermann bespöttelt Laschet daraufhin als weltraumpolitischen Sprecher. „Sie reden über Mondfahrt, statt sich mit den Problemen des Landes auseinanderzusetzen, kontert er unter Hinweis darauf, dass Laschet selbst kaum konstruktive Vorschläge macht. Noch ein Stück schneidender wird NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin, der Laschet — den Chef der größten Oppositionspartei — nur noch im ersten Satz seiner Antwort adressiert und ansonsten ignoriert: „Weil Herr Laschet auf dem Mond ist, wenden wir uns dem Oppositionsführer zu: Herr Lindner . . .“

Gegenüber dem Chef der kleinen Oppositionspartei FDP übt er sich dann in einer kleinen Lektion in Regierungskunde. Lindner hatte zuvor wie erwartet die Wirtschaftspolitik der Regierung heftig kritisiert. Eine auf Wachstum ausgerichtete Politik sei doch geradezu ein Gebot sozialer Gerechtigkeit „und deshalb ist die Debatte, die wir führen müssen, für die Sozialdemokratie so peinlich“. Dass Wirtschaftswachstum auch den kleinen Leuten nutze, formuliert er so: „Wachstum hebt wie die Flut alle Boote, die kleinen und die großen.“ Die Entschuldigung, dass die schlechten Wirtschaftszahlen dem Strukturwandel des Landes geschuldet seien, lässt Lindner nicht gelten. Das sei ein politischer Offenbarungseid. „Unser Problem ist nicht nur null Wachstum, sondern auch null Idee.“

Lindner habe noch nie Verantwortung in einem Kabinett getragen, kontert Duin. „Das Talent für schwungvolle Reden hilft im Ministerbüro nicht weiter“, belehrt er den FDP-Superstar. Wäre Lindner Minister, so würde auch er schnell durchdringen zu den Ursachen der wirtschaftlichen Probleme des Landes, die eben nicht von der Landespolitik zu verantworten seien. Dem Stellenabbau in Unternehmen wie Eon, RWE, Karstadt oder Opel. Am Beispiel Opel macht er das plastisch: „Rechnen Sie alleine den weggebrochenen Umsatz von 200 000 Autos im Jahr, die nicht mehr vom Band laufen. Und 2700 Männer und Frauen verloren ihre Jobs.“

Der Anteil der strukturell gebeutelten Grundstoffindustrie (zum Beispiel Stahl, Mineralölverarbeitung) habe nun mal in NRW einen sehr viel höheren Anteil als in der Bundesrepublik insgesamt. So wirke sich ein Nachfrageeinbruch zwangsläufig in NRW stärker aus als im bundesweiten Schnitt. Ebenso träfen Belastungen der Energiewende NRW mit seinen gebeutelten Energieriesen RWE und Eon naturgemäß viel stärker als andere. Wäre er Minister, so sagt Duin an Lindner gewandt, dann müsse dieser seinen „Werkzeugkasten neu bestücken, weil die von Ihnen genutzten Werkzeuge zu kleine Hämmerchen sind“.

Duin macht sich, seiner Regierung und dem Land Mut: So sei der neue Bundesverkehrswegeplan ein grandioser Erfolg für NRW. „Nie gab es für Straßen und Brücken so viel Geld wie in den nächsten Jahren. Die Aufholjagd hat längst begonnen, und wir haben einen langen Atem.“