Berlin: Kein Anzapfen der Goldreserven
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat Berichte zurückgewiesen, wonach zur Euro-Rettung auch die Goldreserven der Bundesbank angezapft werden sollen.
Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete, US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Großbritanniens Premier David Cameron hätten auf dem G20-Gipfel in Cannes vorgeschlagen, den Rettungsschirm EFSF mit einem Teil der Gold- und Währungsreserven der Euro-Notenbanken aufzufüllen. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte dazu in Berlin laut Mitteilung: „Die von der Bundesbank verwalteten Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland standen bei dem G20-Gipfel in Cannes zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion.“
Seibert räumte allerdings ein, von einigen Teilnehmern des Gipfels sei die Frage aufgeworfen worden, ob Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Steigerung der Effizienz der EFSF in Betracht gezogen werden sollten. Sonderziehungsrechte sind eine künstliche, vom IWF geschaffene Währung und Teil der nationalen Währungsreserven der Mitgliedstaaten des Fonds. Sie stehen daher den nationalen Notenbanken zu - in Deutschland der Bundesbank. „Von deutscher Seite ist dieser Vorstoß abgelehnt worden“, betonte der Regierungssprecher.
Auch die „Welt am Sonntag“ berichtet über den Vorstoß am Rande des G20-Gipfels, den Rettungsschirm mit einem Teil der Währungsreserven der Euro-Notenbanken aufzufüllen. Das wäre nicht nur ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Bundesbank, auch die deutsche Haftungssumme bei der EFSF würde so durch die Hintertür erhöht, hieß es. Laut „Welt am Sonntag“ habe der Plan zu einem Konflikt zwischen Bundesregierung und Bundesbank geführt. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann soll sein Veto eingelegt haben. Daraufhin habe Bundeskanzlerin Angela Merkel das Vorhaben zum Ärger von Obama, Sarkozy und Cameron verhindert, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Verhandlungskreise.
Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ weiter schreibt, sollte auf diese Weise unter Umgehung des Bundestages die Haftung Deutschlands in der Staatsschuldenkrise noch einmal um mehr als 15 Milliarden Euro erhöht werden. Hintergrund sei die Sorge, dass die Feuerkraft des 440 Milliarden schweren Eurorettungsfonds EFSF im Falle des Wankens größerer Staaten nicht ausreichen werde.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, forderte, das der Bundestag informiert wird, bevor hierzu Beschlüsse gefällt werden. „Es wäre eine Ungeheuerlichkeit, wenn die Bundesbankreserven oder sogar das Bundesbankgold selbst am Bundestag und der deutschen Öffentlichkeit vorbei weggegeben werden sollen“, betonte Oppermann am Sonntag.
Da die Bundesbank unabhängig ist, kann sie nicht von der Regierung gezwungen werden, ihre Währungsreserven für den Rettungsschirm herzugeben. Beide Zeitungen berichteten weiter, der Plan werde trotzdem nicht aufgegeben. Schon beim Treffen der europäischen Finanzminister am Montag in Brüssel solle das Thema abermals auf den Tisch kommen. Auch dies wies Regierungssprecher Seibert zurück. Am Montag stehe das Thema der Optimierung der EFSF auf der Tagesordnung der Eurogruppe. „Dazu gehört die Diskussion des Fortschritts bei den Detailfragen der bekannten zwei Optionen, die bereits dem Bundestag vorlagen.“ Dieses Thema stehe in keinem Zusammenhang mit der Frage nach Sonderziehungsrechten.