Bis Jahresende Gewissheit für VW-Kunden in Deutschland?
Wolfsburg (dpa) - Die hierzulande rund 2,6 Millionen Autofahrer mit einem manipulierten Diesel aus dem VW-Konzern sollen alle spätestens bis zum Jahresende eine Aufforderung für den Rückruf erhalten haben.
Damit soll ein monatelanges Warten noch 2016 enden. Bisher rätseln Hunderttausende Kunden in Deutschland, wann ihr Wagen an der Reihe ist. Sie wissen bisher nur aus einem anfänglichen Schreiben, dass ihr Auto beim Rückruf dabei sein muss. Aber wann diese Nachbesserung möglich ist, bleibt oft noch unklar.
Hintergrund sind Verzögerungen bei den Freigaben für die technischen Lösungen bei den Rückrufen, die Volkswagen ursprünglich schneller hatte umsetzen wollen.
Ein Jahr nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals hat der VW-Konzern daher erst einen Bruchteil der manipulierten Autos in den Werkstätten nachgebessert. Dennoch ist Europas Branchenprimus zuversichtlich, dass die Beseitigung der betreffenden Motorsteuerungen bis zum Ende des Jahres Fahrt aufnehmen und im Jahr 2017 abgeschlossen sein wird.
Der für den Diesel-Rückruf in Europa zuständige VW-Manager Manfred Bort sagte im am Montag erschienenen Mitarbeiter-Magazin „Inside“: „Wir setzen alles daran, bis November die Freigaben für alle Software-Varianten zu erhalten. Bis Jahresende wollen wir alle betroffenen Kunden in Deutschland informieren, dass die technische Lösung für ihr Auto verfügbar ist.“ Für den Heimatkontinent gab Bort das Ziel aus: „Ich bin zuversichtlich, dass wir im Laufe des nächsten Jahres den Rückrufprozess abgeschlossen haben werden.“
Für die in Europa betroffenen 8,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge habe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bisher 60 Prozent der nötigen technischen Umrüst-Genehmigungen erteilt. „Zehn Prozent davon sind bereits mit guten Ergebnissen umgerüstet. Dennoch ist noch einiges zu tun, um den Rest der Software-Varianten zu entwickeln und zu prüfen“, sagte Bort. Laut seiner Rechnung wären damit erst gut 500 000 Wagen umgerüstet.
Aus Wolfsburg verlautete am Montag, der Konzern sei inzwischen noch weiter. Allein bei der Pkw-Kernmarke VW um Golf und Passat sowie bei deren Schwester VW-Nutzfahrzeuge seien 400 000 Wagen nachgebessert.
Darüber hinaus sind Skoda, Seat und Audi betroffen. Zu diesen Marken gab es am Montag keine Zahlen, ebenso nicht für den gesamten Konzern. Dabei ist auch zu bedenken, dass europaweit nicht alle Rückrufe verpflichtend sind. In Deutschland überwacht das KBA die Einhaltung.
Wer die Aufforderung ignoriert, dem droht die Stilllegung seines Wagens. Anderswo - etwa in osteuropäischen Ländern - ist der Rückruf freiwillig. Das dürfte die Teilnahmequote dort beeinflussen und ein Grund dafür sein, dass Millionen Rückrufe noch ausstehen.
Optimistisch stimme Bort, dass heimische Kunden in der Regel rasch zur Werkstatt fahren, wenn die Genehmigungen vorliegen und Volkswagen die Halter mit Anschreiben informieren kann. „Von den Kunden, die vor zwei oder drei Monaten einen Brief erhalten haben, waren bereits mehr als 60 Prozent in den Werkstätten und sind zufrieden wieder nach Hause gefahren“, sagte Bort. Bei den Fahrzeugen, die im Frühjahr den Auftakt des Rückrufes bildeten, seien es sogar „über 80 Prozent“.
Ursprünglich hatte VW die Umrüstungen noch 2016 weitgehend beenden wollen. Doch schon zum Jahresanfang gab es Verzögerungen. Bort betonte, Genauigkeit gehe nun mal vor Schnelligkeit. Als ein Beispiel nannte er die stärkste Version des betroffenen Skandal-Motors EA 189, den 140 PS (103 KW) leistenden 2,0-Liter-Diesel aus dem VW-Golf.
„Diesen Golf hatte das KBA im Mai freigegeben. Aber wir werden noch bis November brauchen, bis die Software für alle Modellvarianten verfügbar sein wird“, meinte Bort. „Wenn die Kunden zur Serviceaktion kommen, können sie darauf vertrauen, dass sich beim Verbrauch, beim Fahrverhalten oder bei der Motorleistung nichts verändert.“ 250 Ingenieure kümmerten sich um Umrüstungsfragen, 50 000 Mitarbeiter in den Werkstätten seien geschult worden, 80 000 Software-Geräte kämen zum Einsatz. „Viele Mitarbeiter sind an ihre Grenzen gegangen.“