BMW sticht VW bei Carbon-Hersteller SGL aus
München/Wiesbaden (dpa) - Der Autobauer BMW hat sich beim begehrten Carbon-Hersteller SGL eingekauft und damit seinen Konkurrenten Volkswagen in die Schranken verwiesen. Die Münchener sicherten sich 15,16 Prozent der Anteile an der Wiesbadener Firma.
Der Coup folgt rund acht Monate, nachdem VW Ende Februar gut acht Prozent kaufte. Zudem ist BMW-Großaktionärin Susanne Klatten mit knapp 29 Prozent an SGL beteiligt und kann damit entscheidend Einfluss auf die Weichenstellungen von SGL nehmen. Leichtbau gilt als eines der wichtigsten Zukunftsthemen in der Automobilindustrie. Leichtere Autos verbrauchen weniger Sprit und stoßen weniger CO2 aus.
Branchenexperten hatten bereits seit Monaten auf die Retourkutsche von BMW gewartet. 15,16 Prozent seien nun ein „klares Signal“ an VW, sagte Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Institut Essen-Duisburg. Zumal er die Anteile von BMW und Klatten „geistig addiere“. Dudenhöffer schließt auch nicht aus, dass sich BMW weitere Zukaufsmöglichkeiten gesichert habe, um den Anteil in den nächsten Monaten aufzustocken. „BMW zeigt damit ganz klar, dass sie SGL als ihr Unternehmen sehen“, kommentierte Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach den Schritt.
Aber auch VW werde dem Konkurrenten das Feld nicht kampflos überlassen und sich womöglich Störmanövern überlegen. „Da gibt es jetzt einen Kampf um die Vorherrschaft im Leichtbaubereich“, ist Willi Diez, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA)in Nürtingen, überzeugt.
VW kommentierte den Einstieg von BMW am Freitag nicht, gab aber bekannt, seinen Anteil seit Februar auf 9,9 Prozent erhöht zu haben.
SGL begrüßte die Entscheidung aus München. Damit werde die Wertschätzung der erfolgreichen Zusammenarbeit dokumentiert. BMW und SGL arbeiten bereits seit gut zwei Jahren in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammen. „Die Beteiligung an der SGL Group ist ein konsequenter Schritt, um die bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit zu untermauern“, sagte BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner. Aus heutiger Sicht strebe das Unternehmen aber keinen Sitz im SGL-Aufsichtsrat an, hieß es.
Zunächst übernahm BMW lediglich 5,17 Prozent der Anteile. Auf die übrigen Aktien sicherte sich das Unternehmen Optionen, die am 16. Dezember fällig werden. Finanzielle Details wurden nicht genannt. Die SGL-Aktie kletterte am Freitag zunächst um gut fünf Prozent, gab dann aber im Tagesverlauf ein Teil der Gewinne wieder ab.
Die BMW-Großaktionärin Klatten plant nach Angaben ihrer Beteiligungsgesellschaft Skion keine Aufstockung ihrer Aktien und somit auch keine Übernahme. Ab einem Anteil von 30 Prozent und einer Aktie würde ein Übernahmeangebot zwingend. Auch aus diesem Grund halten Branchenexperten den BMW-Einstieg für einen cleveren Schachzug. Skion betonte, die Entscheidung sei allein vom BMW-Vorstand gefällt worden. Weitere 9,14 Prozent hält der Anlagenbauer Voith.
Carbonfasern sind nicht nur für Automobilhersteller interessant. Auch die Flugzeugindustrie und die Bauer von Windkraftanlagen sind an dem leichten Material interessiert. Im dritten Quartal hatte SGL Umsatz und Gewinn trotz der eingetrübten Konjunkturaussichten kräftig gesteigert. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 21,9 Millionen Euro, nach 7,2 Millionen Euro im Vorjahr.