Bochumer wollen erneut über Tarifvertrag abstimmen
Bochum/Rüsselsheim (dpa) - Immer mehr Opel-Mitarbeiter in Bochum ändern angesichts des nahenden Endes der Autoproduktion am Standort ihre Meinung über den Tarifvertrag.
Im März hatten sie den Plan abgelehnt, inzwischen wünschen sich nach Gewerkschaftsangaben viele Mitarbeiter eine erneute Abstimmung über den Sanierungsplan. „Wir werden von zahlreichen Mitgliedern bei Opel angesprochen, die zwischenzeitig das Verhandlungsergebnis neu bewerten“, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall in NRW, Knut Giesler, am Donnerstag. Ein Gewerkschaftssprecher sagte: „Viele Beschäftigte haben geglaubt, dass das nicht das letzte Wort ist.“
Dass lehnt die Adam Opel AG aber ab. „Mit jeder neuen Diskussion und jeglicher Verzögerung verschwenden wir nur wertvolle Zeit“, schrieb der Bochumer Werksleiter Manfred Gellrich in einem Brief an die Mitarbeiter. Zuvor hatten die Zeitungen der WAZ-Gruppe berichtet.
In Rüsselsheim wird die Debatte über eine neuerliche Abstimmung als unsinnig zurückgewiesen. Das Votum sei ein demokratischer Akt gewesen, alle Fakten hätten auf dem Tisch gelegen. Aufsichtsratschef Steve Girsky hatte schon vor Monaten angekündigt, dass die Autofertigung in Bochum Ende 2014 auslaufen werde, sollte man sich nicht auf einen Kompromiss einigen.
Auch ein Bochumer Opel-Sprecher sagte, den Mitarbeitern sei rechtzeitig klargemacht worden, dass es nach der Abstimmung keine weiteren Verhandlungen geben werde: „Man kann ja nicht so lange abstimmen, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt.“
Am Dienstag werden die Verhandlungen der Einigungsstelle zum Ende der Fertigung unter Vorsitz eines Richters wieder aufgenommen, sagte der Opel-Sprecher. Dabei geht es auch um den Auslauf der Getriebefertigung in Bochum - sowie um Kapazitätsanpassungen in der Fahrzeugproduktion schon ab der zweiten Jahreshälfte 2013.
Im März hatten die Bochumer Opel-Mitarbeiter den nach monatelangen Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Management erzielten Kompromiss abgelehnt. Damit verzichteten sie auf eine Verlängerung des Kündigungsschutzes. Die Folge: Ab 2015 wird Opel keine Autos mehr im Ruhrgebiet bauen.
Ein Sprecher der IG Metall in NRW erklärte das Votum der Mitglieder bei Opel: „Aus ihrer Sicht haben sie zur Zeit der Entscheidung die Dinge nicht so gesehen, wie sie sie heute sehen.“ Für sie werde die Perspektive nun realer, dass 2014 wirklich Schluss sei. Giesler sagte: „Sollten sich die Stimmen mehren, werden wir natürlich prüfen, ob und wie Lösungen in der jetzigen Situation noch zu erreichen sind.“
Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel trat der Kritik entgegen, er habe die Opel-Mitarbeiter vor der Abstimmung nicht ausreichend informiert. „Die Bochumer Belegschaft war die bestinformierte und die einzige, die den Tarifvertrag vollständig vorliegen hatte“, sagte Einenkel der dpa. Von Tendenzen in der Belegschaft, die Abstimmung zu wiederholen, wisse er nichts. Auf ihn sei niemand zugekommen: „Ich kann mir aber vorstellen, dass es diejenigen sind, die für den Tarifvertrag gestimmt haben.“ Sollten sich tatsächlich viele Mitarbeiter eine neue Abstimmung wünschen, werde er sich dem nicht verschließen. „Ich bin der letzte, der sich einem demokratischen Prozess in den Weg stellt.“