Börsenfusion auf der Kippe

Frankfurt/New York (dpa) - Die Megafusion der Börsen von Frankfurt und New York droht kurz vor ihrem Abschluss zu platzen. Die hessische Börsenaufsicht fordert für eine Genehmigung Änderungen der bisherigen Pläne.

Die Bedenken der Brüsseler Wettbewerbshüter versuchen Deutsche Börse und NYSE Euronext durch weitere Zugeständnisse zu zerstreuen. „Börsenrechtlich ist das, was uns bisher vorgelegt worden ist, nicht ausreichend für unsere Zustimmung“, sagte der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Poschs Ministerium ist die Aufsichtsbehörde für den Handelsplatz Frankfurt.

„Unsere börsenrechtliche Prüfung konzentriert sich darauf, dass die Weiterentwicklung der Deutschen Börse am Standort Frankfurt sichergestellt sein muss“, erklärte Posch. „Weiterentwicklung heißt, dass eine Entwicklung der Börse in wirtschaftlicher Hinsicht gewährleistet werden muss und die Börse nicht auf geringster Flamme aufrechterhalten wird.“

Deutsche Börse und NYSE Euronext wollen sich zum weltgrößten Marktbetreiber zusammenschließen. Das neue Unternehmen mit Hauptstandorten in Frankfurt, New York und Paris soll über eine in den Niederlanden angesiedelte Dachgesellschaft gesteuert werden. Als problematisch gilt, dass nach bisheriger Planung der gesamte Gewinn an die Holding abgeführt werden soll.

Hessens Justizminister und FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn sagte der „Frankfurter Neuen Presse“ (Mittwoch): „Die oberste Prämisse wird jetzt sein, dass der Finanzplatz Frankfurt durch diese Entscheidung nicht belastet, sondern gestärkt werden soll. Solange die Deutsche Börse AG nicht verpflichtend klarmacht, dass dieses sichergestellt ist, tendiert die Waage sicherlich nicht zu einer Genehmigung.“

Um die EU-Wettbewerbshüter positiv zu stimmen, machten die beiden Konzerne ein weiteres Zugeständnis: Sie bieten an, die Standardgebühren für europäische Derivatekontrakte über einen Zeitraum von drei Jahren konstant zu lassen. Informierten Kreisen zufolge dürfte dies wohl das letzte Zugeständnis sein.

Für Brüssel ist vor allem das Derivate-Geschäft Stein des Anstoßes, weil der neue Konzern 90 Prozent des börslichen Terminhandels in Europa beherrschen würde. Der Handel mit solchen Finanzprodukten, mit denen man auf künftige Kurse wetten und sich gegen Kursverluste absichern kann, ist eines der Filestücke. Zuletzt hatten die Partner ihre Bereitschaft signalisiert, das gesamte Aktienderivate-Geschäft der zur NYSE Euronext gehörenden Terminbörse Liffe zu verkaufen.

Am Mittwoch sollte dem Vernehmen nach ein weiteres Treffen der Börsenvorstände mit den EU-Behörden in Brüssel stattfinden. Dabei sollte es um die Einschätzung der Wettbewerber wie London Stock Exchange (LSE) und Nasdaq OMX zu den Fusionsplänen gehen.

Viele an der Frankfurter Börse notierte Unternehmen sehen das Vorhaben kritisch. Die überwiegende Mehrheit von 150 Finanzchefs habe sich skeptisch geäußert, berichtete das „Manager Magazin“ (Freitag) vorab mit Verweis auf eine Umfrage des Wirtschaftsministeriums. Posch erklärte: „Das ist eine reine Stimmungsabfrage, die wir gestartet haben, um eine Einschätzung zu bekommen.“

Die hessische Börsenaufsicht wird ihre Entscheidung zeitlich nach der kartellrechtlichen Beurteilung der Brüsseler Wettbewerbshüter bekanntgeben. Posch betonte: „Wir entscheiden unabhängig von der EU-Kommission.“ Die EU-Kommission nimmt sich nach letzten Angaben mit ihrer Prüfung Zeit bis zum 9. Februar 2012. Ursprünglich wollten Deutsche Börse und NYSE Euronext ihren Zusammenschluss bis Ende 2011 unter Dach und Fach bringen.