Digital mit Tradition Borgward wagt sich zurück auf deutschen Markt
Stuttgart (dpa) - Mit einem chinesischen Investor im Rücken und einer auf Online-Vertrieb ausgerichteten Strategie kehrt der Autobauer Borgward nach Deutschland zurück.
Die wiederbelebte Traditionsmarke, bekannt unter anderem für die zur Wirtschaftswunderzeit produzierte „Isabella“, bringt zunächst zwar nur eine limitierte Edition ihres SUV-Modells BX7 auf den Markt.
Zusammen mit der Werkstattkette A.T.U aber will Borgward die Branche hierzulande umkrempeln, wie das Unternehmen an seinem Sitz in Stuttgart ankündigte. Noch im Laufe des Jahres sollen weitere Fahrzeugmodelle an den Start gehen - ohne eigene Autohäuser und Werkstätten.
„Wir setzen auf den digitalen Vertrieb“, sagte Marketing- und Vertriebschef Tom Anliker. Verkauft werden sollen die in China gebauten Autos weitgehend über das Internet. Reparaturen, Inspektionen oder Reifenwechsel übernimmt A.T.U in seinen bundesweit knapp 580 Werkstätten.
90 Prozent aller möglichen Servicefälle könnten in allen Filialen abgewickelt werden, darüber hinaus soll es besonders spezialisierte Werkstätten geben, wie A.T.U-Geschäftsführer Andreas Schmidt sagte. Außerdem kümmert sich das Unternehmen aus Weiden in der Oberpfalz
für Borgward um die Logistik und das Teilemanagement. Gut zwei Jahre hätten beide Seiten an den Details der Kooperation gefeilt, sagte Schmidt.
Borgward war einer der bekanntesten Autohersteller Deutschlands, ging aber Anfang der 1960er-Jahre pleite. Christian Borgward, Enkel des Firmengründers, belebte die Marke wieder. Heute gehört sie zum Lastwagenhersteller Foton, in dessen Heimat China der Autobauer bislang nach eigenen Angaben knapp 100 000 Fahrzeuge absetzen konnte.
Auch in Südostasien, Südamerika und im Mittleren Osten sind Borgwards mittlerweile zu haben. Etwa 360 000 Autos könnten pro Jahr in der Fabrik bei Peking vom Band laufen - neben dem BX7 auch der kleinere BX5, zudem soll es bald noch einen BX6 geben. Außerdem peilt der Autobauer weitere Länder in Europa an.
Wie das Vertriebsmodell in der Praxis funktionieren kann, ist auch für Borgward selbst noch nicht endgültig sicher. Bislang gibt es erst ein „Brand Center“ in Stuttgart, in dem potenzielle Kunden das Fahrzeug auch mal anfassen und fahren können, bevor sie es kaufen. Weitere Standorte seien angedacht, sagte Anliker, zudem „Roadshows“, bei denen Borgward-Mitarbeiter mit den Autos durch die Lande touren und sie Interessenten vorführen. „Wir glauben, dass das Geld sehr gut im Online-Geschäft investiert ist“, sagte Europa-Chef Gerald Lautenschläger. „Statische Repräsentanzen sind teuer, die Wirtschaftlichkeit ist fraglich.“
Ganz ohne Partner, also Händler, die Borgward-Autos in ihren Häusern verkaufen, werde es aber auch nicht gehen, räumte Anliker ein. „Wir können nicht Zalando sein“, sagte er mit Blick auf den reinen Online-Handel, bei dem Kunden Produkte auch zur Ansicht bestellen und zur Not zurückschicken können - was beim Auto schlecht geht. „Hier sind wir für Kooperationen offen.“
Vom Diesel will Borgward die Finger lassen. Bisher gibt es nur Benziner, ein Elektro-SUV soll in der zweiten Hälfte 2019 auf den Markt kommen. Bauen will das Unternehmen den in einem neuen Werk in Bremen, wo die Marke ihre Wurzeln hat. An dem Plan halte man aus jetziger Sicht auch fest, hieß es. Investor Foton warte allerdings noch auf das Okay der chinesischen Regierung, die das Projekt genehmigen müsse. Hinzu komme nun auch noch der Streit um Strafzölle und damit verbundene mögliche Konsequenzen.
SUVs sollen langfristig auch nicht die einzigen Autos aus dem Hause Borgward bleiben. Konkrete Pläne für andere Modelle sind bisher aber nicht bekannt. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt hat der Autobauer vergangenen Herbst bereits ein neues Sportcoupé mit Namen „Isabella“ präsentiert - vorerst allerdings nur als Konzeptfahrzeug.