Bundesregierung gegen Änderungen bei Defizitberechnung
Berlin (dpa) - EU-Überlegungen zu neuen Berechnungsmethoden von Haushaltsdefiziten der Mitgliedsländer stoßen bei der Bundesregierung auf Widerstand.
„Die Bundesregierung lehnt Maßnahmen ab, die zu einer Aufweichung der europäischen Stabilitätsverpflichtungen führen könnten“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Samstag in Berlin. Das mühsam wiedergewonnene Vertrauen der Märkte dürfe auf keinen Fall gefährdet werden. „Deshalb darf die jetzige Schätzmethode keinesfalls so verändert werden, dass die Stabilitätsanforderungen an die Länder verringert werden.“
Zuvor war bekannt geworden, dass ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission derzeit in Brüssel auf Fachebene diskutiert wird. Das hatte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag bestätigt. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Demnach geht es um die Berechnung des sogenannten strukturellen Defizits der Mitgliedsländer. Das Strukturdefizit wird bei der Beurteilung von Schuldensündern häufig herangezogen - dabei werden gegenüber dem nominalen Defizit Sonderfaktoren wie Konjunktureinflüsse ausgeblendet.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb am Samstag, die von den EU-Beamten diskutierte neue Berechnungsmethode würde vor allem Spanien und anderen südeuropäischen Ländern entgegenkommen. Es werde offenbar erwogen, die Methode so zu verändern, dass Krisenstaaten mit hoher Arbeitslosigkeit besser dastehen als bisher. Das könnte zu milderen Sparauflagen führen.
Die Kommission als Hüterin des Euro-Stabilitätspaktes kommt in der Krise Schuldenländern mit einer sehr breiten und detaillierten Analyse von Konjunktur- und Budgetdaten bereits entgegen. Viele Länder bekamen im laufenden Jahr wegen der Krise mehr Zeit zum Sparen. So hat Frankreich bis 2015 Zeit, sein (nominales) Defizit unter die Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken.