Celesio will Internet-Apotheke DocMorris verkaufen
Stuttgart (dpa) - Im Kampf um ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell trennt sich der Pharmagroßhändler Celesio von der umstrittenen Internet-Versandapotheke DocMorris. Zudem sind weitere Verkäufe von Tochterunternehmen geplant, wie der Konzern am Dienstag in Stuttgart bekanntgab.
Er ist Deutschlands Nummer zwei in der Pharmalogistik und seit längerem in schwerem Fahrwasser. 2011 schrammte Celesio nur haarscharf an roten Zahlen vorbei. Unter dem Strich verbuchte das MDax-Unternehmen 6,1 Millionen Euro - ein Bruchteil der 265 Millionen Euro aus 2010. Die Celesio-Aktie baute ihre Verluste im Tagesverlauf immer weiter aus, am Dienstagnachmittag lag das Minus bei 6,11 Prozent auf 13,815 Euro.
Als eine vieler Gegenmaßnahmen soll die seit 2007 zu Celesio gehörige Tochter DocMorris mit Versandhandel und Apotheken-Partnerschaften nun wieder abgestoßen werden. Sie ist den traditionellen Apotheker-Kunden des Unternehmens ein Dorn im Auge. Auch andere zentrale Weichenstellungen von Celesios Ex-Chef Fritz Oesterle will dessen Nachfolger Markus Pinger schon bald wieder zurücknehmen.
Celesio bewegt sich auf einem Markt voller Rabattschlachten und Reformdruck und hatte von Pinger jüngst eine Rosskur verordnet bekommen. „Uns ist bewusst, dass die unerfreulichen Entwicklungen in diesem und in den vergangenen Jahren das Vertrauen in unser Unternehmen belastet haben“, sagte Pinger am Dienstag.
Nach seinem Willen soll sich Celesio mit einer strategischen Kehrtwende wieder stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren - die Arbeit an der Logistikdrehscheibe als Lieferant für Apotheken. Dort sieht Pinger dort noch „erhebliche Effizienzreserven“ schlummern. 2012 und 2013 würden dabei aber Übergangsjahre - das Modell greife erst 2014 richtig.
Konzernweit stagnierten die Umsätze 2011 bei 23,0 Milliarden Euro (2010: 23,3 Mrd Euro). Auf Vollzeitstellen gerechnet stieg die Mitarbeiterzahl zum Jahresende um gut 200 auf 36 670. Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern brach um mehr als die Hälfte ein. Es blieben diesmal 236,8 Millionen Euro - ein Minus von rund 58 Prozent. Die zum Duisburger Mischkonzern Haniel gehörende Celesio will ihre Dividende „vor dem Hintergrund der Restrukturierung und Neuausrichtung“ halbieren und diesmal nur 25 Cent je Aktie zahlen.
Die Übernahme von DocMorris erwies sich als Fehleinschätzung - kurzzeitig hatte der 200 Millionen Euro teure Kauf fast jeden dritten Celesio-Kunden vergrault und Marktanteile gekostet. „Es hat Jahre gebraucht, um dies wieder wettzumachen“, räumte Pinger ein.
Die Apotheker boykottierten damals regelrecht den Großhändler, der hierzulande mit der Anzag und deutlich hinter Branchenprimus Phoenix auf Platz zwei rangiert. Der Streit ging bis vor den Europäischen Gerichtshof. Ergebnis: In Deutschland bleibt es dabei, dass Apotheker nur wenige Filialen haben dürfen. Ketten mit angestellten Apothekern - ob nun mit oder ohne Online-Handel dahinter - sind weiter verboten.
Wer DocMorris übernehmen könnte, ist noch unklar. Bisher bietet Celesio das Franchise-System hinter dem Namen DocMorris zum Verkauf an. „Wir gehen davon aus, dass ein möglicher Erwerber auch Rechte an der Marke besitzen will“, sagte Pinger. Das sei möglich.
Außerdem hat Celesio die Töchter Movianto und Pharmexx zum Verkauf gestellt. Sie formen eine der drei Säulen des Konzerns und stehen für Personaldienstleistung und eine Vorstufe des Großhandels, die direkt an die Produktion der Arzneimittelhersteller anschließt. Die beiden Töchter haben zusammen etwa 6000 Mitarbeiter, erwirtschaften aber nur geringe Anteile vom Umsatz und Ertrag.
Wachsen will Celesio außerhalb Europas etwa in Südamerika und den Golfstaaten. So sei es „mittel- bis langfristig“ möglich, Apotheken in Chile oder Brasilien zu kaufen, sagte Pinger am Rande der Pressekonferenz. In Europa betreibt Celesio 2300 eigene Apotheken.