Chinas Automarkt umkämpft
Shanghai (dpa) - Trotz einer Abkühlung des weltgrößten Automarktes in China sehen Hersteller noch großes Potenzial. Die Autobauer müssen sich allerdings auf die „neue Normalität“ mit weniger Gewinnen und schärferer Konkurrenz einstellen.
Zum Auftakt der internationalen Automesse in Shanghai kündigten die deutschen Autobauer am Montag an, ihren Verkauf in China mit mehr Gelände- und Kompaktwagen aus lokalen Fabriken ankurbeln zu wollen. Nach Jahren sehr hohen Wachstums rechnet der deutsche Branchenverband VDA nur noch mit „konservativ geschätzten“ sechs Prozent Wachstum des Gesamtmarktes.
Langfristig ist das Potenzial aber unübersehbar. Während in Deutschland laut VDA gut 540 Pkw auf 1000 Einwohner kommen, sind es in China bislang nur 52 Pkw auf 1000 Einwohner. Audi-China-Chef Dietmar Voggenreiter wies auf Schätzungen hin, wonach die jährlichen Verkaufszahlen von zuletzt 18 Millionen Autos irgendwann auf 30 bis 35 Millionen steigen könnten. Es gebe noch viele Städte abseits der Top-50-Metropolen, in denen die Kunden jetzt erstmals ein Auto kaufen. In China gibt es rund 125 Städte mit mehr als einer halben Million Einwohnern. In vielen sind die Verkaufszahlen aber noch zu gering, so dass das stärkere Wachstum für Daimler oder Audi in absoluten Zahlen in den Mega-Städten wie Shanghai stattfindet.
Auf der Messe in der ostchinesischen Hafenmetropole, die heute weltweit zu den wichtigsten der Branche gehört, haben sich mehr als 2000 Aussteller aus 18 Ländern versammelt - ein Rekord. Bis zum 29. April werden mehr als 1300 Autos gezeigt, darunter mehr als 100 Weltpremieren. Nach dem Verbot für leicht bekleidete, aufreizende Hostessen, die in China bisher stärker noch als anderswo zur Automessen-Kultur gehörten, zeigte sich auf den Ständen nur sittsam angezogenes Verkaufspersonal.
Während der weltgrößte Fahrzeugmarkt im Moment vor allem im Segment für Billigautos wächst, setzen deutsche Hersteller verstärkt auf Geländelimousinen. Bei Daimler läuft die Produktion des Kompakt-SUV GLA in China an. Und beim Rivalen aus München ist es „sehr wahrscheinlich“, dass in Kürze mindestens ein weiteres Modell in Geländewagen-Optik aus dem chinesischen Werk rollen wird, wie Vertriebschef Ian Robertson sagte. Auch Kunden mit mehr Geld wollten mehr und mehr selbst hinter dem Steuer sitzen und sich nicht mehr chauffieren lassen. Damit steige die Nachfrage nach SUV-Modellen stärker als die nach klassischen Limousinen.
Audi gab sich unverändert optimistisch und setzt auf das Kompaktsegment. Auch das langsamere Wachstum auf dem größten Automarkt der Welt bedeute nicht, „dass sich Oberklassewagen schlecht verkaufen“, sagte Audi-China-Chef Voggenreiter. Die Kaufkraft verlagere sich aber eher in das Mittelklasse- und Kompaktwagensegment, das zu einem der Wachstumstreiber geworden sei. Die Kunden seien heute jünger und stärker modebewusst.
Zwar habe der Oberklasse-Markt im ersten Quartal nur um fünf Prozent zugelegt, doch sei Audi um sieben Prozent gewachsen. Ob die Ingolstädter bis Jahresende wie bisher wieder schneller als der Premiummarkt wachsen werden, wollte der Audi-China-Chef aber noch nicht vorhersagen. Auffallend zuversichtlich gab sich Volvo - sowohl für China wie auch den weltweiten Markt.
Erstmals könnte in diesem Jahr die Rekordzahl von fast einer halben Million Autos verkauft werden, sagte Volvo-Chef Hakan Samuelsson voraus. 2014 waren es 466 000. Trotz schwächerer Konjunktur in China will Volvo schneller als der Oberklassemarkt wachsen. Samuelsson rechnet damit, dass das Luxussegment „etwas schneller“ als der Gesamtmarkt wachsen werde, der nach Expertenvorhersagen mit rund acht Prozent zulegen soll.