Chipkonzern Qualcomm sieht sich vor feindlicher Übernahme
Technologie des US-Unternehmens ist in den meisten Smartphones und Tablets verbaut. Nun greift der Konkurrent Broadcom an.
San Jose. Es könnte der bisher teuerste Firmenkauf in der Tech-Industrie werden: Der Chipkonzern Broadcom will für 130 Milliarden Dollar den Konkurrenten Qualcomm kaufen. Es ist der Versuch einer feindlichen Übernahme gegen den Willen von Qualcomm. Der Deal könnte noch am Widerstand von Qualcomm oder Einwänden der Regulierer scheitern. Qualcomm werde das Angebot als zu niedrig und regulatorisch riskant ablehnen, berichtete die „Financial Times“.
Das Angebot liegt bei 70 Dollar pro Qualcomm-Aktie. Das Papier war am Freitag bei 61,81 Dollar aus dem Handel gegangen. Qualcomm-Aktionäre sollen pro Anteilschein 60 Dollar in bar und Broadcom-Aktien im Wert von 10 Dollar bekommen. In dem Gesamtpreis sind auch Schulden von 25 Milliarden Dollar enthalten, wie Broadcom mitteilte.
Qualcomm ist im Großteil der Smartphones und Tablet-Computer mit Kommunikationschips vertreten, die für die Verbindung zu Netzen sorgen. Zudem stellt das Unternehmen in vielen Telefonen auch den Hauptprozessor und verdient Geld mit Patentlizenzen auf diverse Technologien.
In der Qualcomm-Bilanz sorgen die Chips für den Großteil der Erlöse — der Gewinn wird aber vor allem mit den Lizenzen erzielt. Gerade in diesem lukrativen Geschäft steht Qualcomm aber unter verstärkten Druck von Aufsichtsbehörden in mehreren Ländern, weist aber den Vorwurf unfairen Wettbewerbs zurück.
Da sich das Geschäft von Qualcomm und Broadcom an vielen Stellen wie Wlan oder Bluetooth überschneidet, gehen Experten davon aus, dass die Regulierungsbehörden den Mega-Deal scharf prüfen werden. Ein neues gemeinsames Unternehmen könnte unter anderem eine Schlüsselposition beim kommenden schnellen 5G-Datenfunk einnehmen. Broadcom könnte mit der Übernahme eigene Schwächen bei 5G und Technologien für den heutigen Funkstandard LTE ausgleichen.
Das Angebot wurde auch möglich, weil Qualcomm seit Monaten in einem erbittert geführten Streit mit Apple steckt, der die Geschäftszahlen der Chipfirma schmälerte und den Aktienpreis nach unten trieb. Der iPhone-Konzern weigert sich, an Qualcomm einen Prozentsatz vom kompletten Gerätepreis abzuführen. Apple argumentiert, damit wolle Qualcomm an Technologien verdienen, die bei Apple selbst erfunden worden seien. Der Halbleiter-Konzern kontert, in den Apple-Geräten steckten Qualcomm-Technologien nicht nur in den Chips. Die Unternehmen verklagten sich gegenseitig in mehreren Ländern.
Vergangene Woche nun ließ ein Medienbericht, wonach Apple in kommenden Generationen seiner Geräte ganz ohne Qualcomm-Chips auskommen wolle, die Aktie der Chipfirma an einem Tag um sieben Prozent absacken. Branchenbeobachter schließen nicht aus, dass Broadcom nach einer Übernahme von Qualcomm den Streit beilegen könnte. dpa