Commerzbank kämpft gegen Dauerkrise

Frankfurt/Main (dpa) - Die Commerzbank müht sich zweigleisig aus der Dauerkrise: Beim Personal setzt das Management den Rotstift an, das auch im dritten Quartal schwache Privatkundengeschäft will das Institut mit einer Milliardeninvestition profitabler machen.

„Ich glaube, dass vier weitere anstrengende Jahre vor uns liegen“, sagte Konzernchef Martin Blessing am Donnerstag in Frankfurt.

In einzelnen Filialen sollen Spezialisten zusammengezogen werden, zudem sind flexiblere Öffnungszeiten im Gespräch. Blessing stellte klar: „Wir planen keinen Rückzug aus der Fläche.“ Ende dieses Jahres soll das Netz 1200 Standorte umfassen.

Wie viele Mitarbeiter ihren Job verlieren werden, ließ die deutsche Nummer zwei weiter offen. Die Bank kündigte lediglich eine „Anpassung der Personalkapazitäten“ an. Spekuliert wurde über den Abbau von bis zu 6000 der etwa 56 000 Stellen. Das Management will seine Pläne zunächst mit den Arbeitnehmervertretern diskutieren.

Im dritten Quartal konnte die teilverstaatlichte Commerzbank ihren Abwärtstrend nicht stoppen. Unter dem Strich standen 78 Millionen Euro Gewinn und damit noch weniger als in den beiden schwachen Vorquartalen. Für das Jahresende 2012 erwartet der Vorstand einen weiteren Rückgang des operativen Gewinns - wegen steigender Kapitalanforderungen, niedriger Zinsen und dem allgemeinen Vertrauensverlust gegenüber der Branche.

Vor einem neuen Gewinnziel scheute Blessing nach der Bauchlandung mit seiner früheren Vorgabe von vier Milliarden Euro operativem Gewinn für 2012 zurück. Für 2016 kündigte die Bank lediglich an, im Kerngeschäft eine Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent nach Steuern erzielen zu wollen.

Die Aktionäre hatte der Konzern bereits am Mittwochabend darauf eingestimmt, dass sie auch für 2012 und 2013 voraussichtlich keine Dividende bekommen werden. Zinsen auf die verbliebenen Rettungsmilliarden des Bundes (Stille Einlage) wird das Institut dagegen für das laufende Jahr aller Voraussicht nach erstmals zahlen.

Bis 2016 will die Bank mehr als zwei Milliarden Euro in die Neuausrichtung stecken, davon etwa eine Milliarde ins Geschäft mit Privatkunden: in modernere Filialen und einfachere Produkte, in Beratungsangebote und Qualifizierung der Mitarbeiter. Ziele seien der „Aufbau einer modernen Multikanalbank“ und ein flexibleres Filialnetz, erklärte Blessing: „In Zukunft werden unsere Kunden die Produkte und Dienstleistungen der Commerzbank zu jeder Zeit und an jedem Ort erhalten.“

Durch eine engere Verzahnung von Online-Angeboten und klassischer Filialbank erhofft sich die Bank im Jahr 2016 rund 600 Millionen Euro mehr Kundenertrag. Die Kundenzahl soll von elf Millionen auf zwölf Millionen gesteigert werden, operativ soll das Privatkundengeschäft 2016 mehr als 500 Millionen Euro Gewinn abwerfen. Seit Januar 2012 seien 90 000 zusätzliche Kunden gewonnen worden.

„Ich möchte eine Bank, der die Kunden vertrauen können“, betonte Blessing. „Fairness und Kompetenz ist das, was die Kunden von ihrer Bank erwarten.“ In der Vergangenheit sei die Commerzbank bei Privatkunden zu stark auf das Wertpapiergeschäft fokussiert gewesen und habe dem Provisionsüberschuss zu viel Gewicht gegeben. Um Vertrauen zurückzugewinnen, gräbt das Institut seinen Slogan aus den Jahren 1977 bis 2002 wieder aus: „Die Bank an Ihrer Seite“.

Zumindest fielen im dritten Quartal 2012 angesichts der Beruhigung Märkte keine größeren Sonderbelastungen an. Vor einem Jahr stand für den Zeitraum Juli bis Ende September unter dem Strich ein Verlust von 687 Millionen Euro - vor allem aufgrund von Abschreibungen von rund 800 Millionen Euro auf griechische Staatsanleihen. Nach den ersten neun Monaten 2012 hat die Commerzbank insgesamt 722 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet - nach 322 Millionen ein Jahr zuvor.

An der Börse kam die neue Strategie nicht gut an: Entgegen dem insgesamt positiven Trend des Deutschen Aktienindex rutschten Commerzbank-Papiere mit einem deutlichen Minus von fast vier Prozent am Nachmittag ans Ende des Leitindex. „Die neue Strategie der Bank sieht nicht danach aus, als würde sich viel ändern“, erklärte Equinet-Analyst Philipp Häßler.