Der Bahn drohen neue Streiks

Lokführer wollen den Konzern weiter unter Druck setzen.

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Eigentlich wollte Rüdiger Grube am Berliner Hauptbahnhof Gäste zur Eröffnung der Ausstellung „Die Unsichtbaren — Obdachlose im Porträt“ begrüßen. Der Bahnchef hätte sicherlich gern auf das soziale Engagement seines Unternehmens in den Bahnhofsmissionen hingewiesen.

Doch es kam anders. Der Termin am Mittwoch wurde abgesagt. Dr. Grube müsse „andere Prioritäten setzen“ angesichts des aktuellen Tarifkonflikts mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).

Statt des Bahnchefs trat am Vorabend am selben Ort ausgerechnet der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky auf — und erklärte, warum sich die in seiner Gewerkschaft organisierten Lokführer unsichtbar machten statt im Führerstand zu arbeiten. Die GDL habe keine andere Wahl, um ihre Forderungen durchzusetzen: mehr Geld, weniger Arbeit, weniger Überstunden — und das nicht nur für die Lokführer, sondern für alle Beschäftigte bei der Bahn.

Weselsky bedankte sich „bei den vielen Fahrgästen für das Verständnis für unseren Streik“. Das äußerten tatsächlich zahlreiche Kunden auf den Bahnhöfen. Andere waren allerdings ziemlich genervt. Schließlich fuhren Tausende Züge am Abend einfach nicht weiter, und am Morgen wartete man oft vergeblich auf ihr Eintreffen.

Dieses Mal legten die Lokführer für ein paar Stunden die Arbeit nieder. Doch das ist wohl nur der Anfang. Derzeit deutet nichts auf eine rasche Wiederaufnahme von Verhandlungen hin.

Im Gegenteil: Kaum waren die Züge nach neun Stunden Streik am Mittwoch wieder angefahren, da kündigte GDL-Chef Weselsky schon an, seine Gewerkschaft werde über weitere Ausstände entscheiden, falls die Bahn ihre „Blockadehaltung“ nicht aufgebe. „Verhandelt der Arbeitgeber mit der GDL nicht über das Zugpersonal, sind weitere befristete Streiks vorprogrammiert“.