Deutsche-Bank-Chef Jain: Alle Augen auf Deutschland

Berlin (dpa) - Der neue Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain prophezeit Europa eine Überwindung der Finanzkrise ohne Schaden, wenn es jetzt zusammensteht.

Zugleich warnte er bei seinem ersten großen öffentlichen Auftritt seit seiner Amtseinführung Ende Mai in Berlin vor den Risiken durch Griechenland für die ganze Welt. Deutschland lobte der Co-Chef als Musterschüler. Er kündigte einen neuen „Vertrag“ der Banken mit den Bürgern an, die durch die Finanzkrise das Vertrauen in die Geldhäuser verloren hätten.

Den harten Sparkurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte er als richtigen Weg. Deutschland habe eine starke Position. Alle Augen seien auf die Bundesrepublik gerichtet. Den deutschen Mittelstand bezeichnete er als heimlichen Helden und das Rückgrat der Wirtschaft.

Vor dem CDU-Wirtschaftsrat mit rund 2000 Teilnehmern sagte der Co-Vorsitzende von Deutschlands größtem Geldhaus: „Wir durchleben eine der schwersten Finanzkrisen seit Bestehen des modernen Europas. Wie sie ausgeht, ist noch offen. Ich bin mir aber sicher, dass sich Europa erholen und sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen kann.“

Er mahnte aber: „Kein europäisches Land kann sich allein gegen die USA oder China behaupten. Um erfolgreich zu sein, müssen wir noch enger zusammenwachsen.“ Er warnte vor Risiken durch Griechenland und ein Übergreifen der Krise auf andere Länder. „Ein systemisches Ereignis hätte weitreichende und langfristige Folgen nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt.“

Die größte Herausforderung für die Bankenbranche sei: „Wir müssen unseren Vertrag mit der Gesellschaft erneuern. (...) Einfach gesagt: Die Banken sind in Ungnade gefallen.“ Es sei verständlich, dass die Menschen den Banken mit Misstrauen begegneten. „Wir müssen ihr Vertrauen zurückgewinnen.“ Mit Blick auf strengere Kapitalvorschriften für Banken in Folge der Krise verwies Jain darauf, dass diese Vorgaben Banken zwar sicherer machten. Dadurch werde aber Kapital auch knapper und damit teurer für Kunden.

Jain rechnet - auch in Folge der schärferen Bankenregulierung - mit einer weiteren Konzentration im Bankgewerbe. Bereits heute gebe es deutlich weniger globale Banken als noch vor fünf Jahren. Die Deutsche Bank gehe davon aus, dass in Zukunft „nur noch eine Handvoll starker globaler Banken“ übrig bleibe. Jain bekannte sich zum deutschen Heimatmarkt. Eine Bank der Zukunft sollte „fest in einem starken heimischen Markt mit soliden Staatsfinanzen verankert sein“.

Er unterstützte Merkels Finanzpolitik. „Es gibt nur einen einzigen Weg nach vorn, nämlich den Abbau von Defiziten.“ Niemand könne von Kernländern der Eurozone verlangen, endlos die Schulden ihrer Nachbarn zu finanzieren. Die Finanzmärkte hätten seit geraumer Zeit signalisiert, dass sie Sparmaßnahmen befürworten.

Deutschland sei in einer starken Position. Die Industrieproduktion verzeichne Zuwächse. Der Export boome. Die Arbeitslosigkeit liege auf einem der niedrigsten Stände seit der Wiedervereinigung. Die öffentlichen Finanzen seien solide. Deutschland könne zu historisch niedrigen Zinssätzen Geld leihen - und spare so Milliarden Euro an Zinskosten. Das Modell der sozialen Marktwirtschaft bewährt. „In der Folge hat Deutschland nun eine stärkere Führungsrolle und mehr Einfluss als je zuvor. Alle Augen sind auf Deutschland gerichtet.“

Der Weg dahin sei aber schwer gewesen. Er würdigte die vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführte „Agenda 2010“. „Flexibilität war ein Muss - für Arbeitgeber ebenso wie für Arbeitnehmer“, sagte Jain, ohne darauf einzugehen, dass die SPD an den drastischen Einschnitten ins Sozialsystem beinahe zerbrochen wäre. „Heute sehen wir den Erfolg dieser Disziplin.“

Dass Deutschland ein Gewinner der Globalisierung sei, verdanke es seiner erstklassigen Produktion. Die „heimlichen Helden“ seien die Unternehmer des Mittelstands. „Sie stehen für zwei Drittel aller Beschäftigten und mehr als die Hälfte der deutschen Wirtschaft.“