Deutsche Bank im Umbruch: Doppelspitze bittet um Geduld
Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche Bank stimmt ihre Aktionäre auf einen langwierigen Konzernumbau ein.
„Ein umfassender Kulturwandel, wie wir ihn anstreben, kann nicht einfach von oben verordnet werden. Man kann nicht einfach den Hebel umlegen“, sagte Co-Chef Jürgen Fitschen am Donnerstag bei der Hauptversammlung in Frankfurt.
Strittige Zinswetten mit Mittelständlern, eine Verwicklung von Mitarbeitern in die Manipulation des Referenzzinses Libor, umstrittene Nahrungsmittelspekulationen, Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) - alles das hat den Ruf der größten deutschen Bank beschädigt.
Nichtregierungsorganisationen nutzten das Aktionärstreffen erneut zu Kritik an dem Konzern. Vor der Frankfurter Festhalle protestierten
Aktivisten der kapitalismuskritischen Bewegung Blockupy und anderer Gruppierungen mit Panzer-Modellen und Kunstblut gegen Geschäfte des Konzerns. Zwischenrufer störten die Rede von Co-Chef Anshu Jain.
Die Doppelspitze Jain/Fitschen bekräftigte knapp ein Jahr nach dem Amtsantritt im Juni 2012 ihren Willen zum Kurswechsel. „Ja, in der Vergangenheit wurden Fehler gemacht. Sie belasten uns materiell und - schlimmer noch - sie belasten unseren guten Ruf“, sagte Fitschen.
„Es geht nicht darum, ob etwas erlaubt ist. Es geht darum, ob es richtig ist.“ Jain erklärte - in seiner ersten Rede auf Deutsch vor den Aktionären: „Wir wissen aber auch, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben.“
Aufsichtsratschef Paul Achleitner kündigte an, dem „Kulturwandel“ mehr Gewicht einzuräumen. Der Aufsichtsrat, dem künftig auch Verdi-Chef Frank Bsirske angehört, werde einen Ausschuss für Unternehmensintegrität gründen. Dieser soll sich um Themen wie soziale Verantwortung und Umweltfragen kümmern.
Aktionärsschützer halten eine Kursänderung für überfällig. „Wir begrüßen ausdrücklich den eingeleiteten Kulturwandel, wenngleich er aus unserer Sicht reichlich spät, aber nicht zu spät kommt“, sagte der Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding.
Hans-Christoph Hirt vom einflussreichen britischen Aktionärsberater Hermes mahnte mehr Engagement an: „Wir wünschen uns mehr langfristiges Denken und Planen.“
Nieding sprach sich dafür aus, Fitschens Vertrag über die Hauptversammlung 2015 hinaus zu verlängern, damit der Niedersachse den „Kulturwandel“ unumkehrbar machen könne. Schließlich seien viele der strittigen Geschäfte im Investmentbanking unter Jains Leitung gemacht worden.
Am Universalbankmodell vom weltweiten Kapitalmarktgeschäft bis zu Privatkunden in Deutschland will das Management festhalten.
„Unser Ziel ist klar: Wir wollen die führende Universalbank sein, bei der die Kunden im Mittelpunkt stehen“, sagte Jain. Der Dax-Konzern will sich weiterhin gegen Pläne wehren, große Banken aufzuspalten.
Trotz eines guten Starts ins Jahr 2013 stellt sich die Deutsche Bank auf ein weiterhin schwieriges Umfeld ein. Mit Blick auf die Feierstimmung an den Börsen sagte Fitschen, es bestehe „das Risiko, dass die fiskalpolitischen Schwierigkeiten in den USA und die Folgen der europäischen Schuldenkrise unterschätzt werden könnten“.
Insgesamt sehe die Bank nach turbulenten Zeiten 2013 aber gute Chancen für eine Stabilisierung der Weltkonjunktur. Die vielen neuen Regeln für die Finanzbranche führten allerdings zu „erheblicher Verunsicherung bei Marktteilnehmern und der Realwirtschaft“, sagte Fitschen. Den Aktionären stellte der Vorstand künftig wieder höhere Dividenden in Aussicht, in diesem Jahr gibt es 75 Cent je Anteil.