Durchhänger im Juni Deutsche Industrie bekommt weniger Aufträge
Wiesbaden/Frankfurt (dpa) - Erneuter Dämpfer für die deutsche Industrie: Im Juni sind bei den Unternehmen 4,0 Prozent weniger Bestellungen eingegangen als im starken Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Experten sehen eine mögliche Ursache in der Furcht vor einem Handelskrieg. Seit Beginn des Jahres sind die Auftragseingänge in der Industrie damit in fünf von sechs Monaten gefallen.
Deutschlands Maschinenbauer trotzen dagegen mit einem kräftigen Plus dem Trend. Der Aufschwung setzt sich nach Einschätzung von Volkswirten zwar fort, er dürfte aber schwächer ausfallen als zunächst erwartet.
Der Durchhänger im Juni in der Industrie fiel deutlich stärker aus als von Analysten erwartet, die mit einem Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet hatten. Im Vergleich zum Juni 2017 sank der Auftragseingang um 0,8 Prozent.
Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank sieht eine mögliche Ursache für den Dämpfer in der Furcht vor einem Handelskrieg. Dies sorge „für eine gewisse Zurückhaltung bei den Neubestellungen“. Experte Ralph Solveen von der Commerzbank erwartet, dass sich die Schwächephase weit in das zweite Halbjahr hinzieht und das Wachstum der gesamten Wirtschaft bremst.
Mit einem Konjunkturabschwung rechnen Ökonomen allerdings nicht. Vor allem die Konsumfreude der Verbraucher dürfte die wirtschaftliche Entwicklung stützen. Stefan Kipar von der BayernLB wies zudem darauf hin, dass die Auftragsbücher der Unternehmen gut gefüllt seien und die Auslastung der Betriebe weiterhin recht hoch sei. „Die deutsche Wirtschaft setzt ihre Expansion in verlangsamter Gangart fort“, hatte Ifo-Chef Clemens Fuest jüngst gesagt.
Bei Deutschlands Maschinenbauern gingen angetrieben vor allem vom anziehenden Inlandsgeschäft preisbereinigt in den ersten sechs Monaten 7 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vorjahreszeitraum. „Damit wurden die positiven Erwartungen an das laufende Jahr voll erfüllt“, sagte der Chefvolkswirt des Branchenverbandes VDMA, Ralph Wiechers.
Das in der Vergangenheit schwächelnde Inlandsgeschäft legte deutlich um 10 Prozent zu. Aus dem Ausland gingen - verglichen mit dem guten Vorjahreszeitraum - 6 Prozent mehr Bestellungen bei der exportorientierten Schlüsselindustrie ein.
„Die Investitionsneigung im Inland hat spürbar angezogen, das kommt unserer Industrie zugute“, analysierte Wiechers. Deutschlands Unternehmen produzierten wegen der guten Konjunktur mehr und müssten daher ihre Kapazitäten erweitern. Der Umsatz der Maschinenbauer mit ihren rund 1,3 Millionen Beschäftigten stieg im ersten Halbjahr um 4 Prozent.
Angesichts gut gefüllter Auftragsbücher geht die Branche mit Zuversicht in die nächsten Monate. Zwar habe es im Mai einen kleinen Dämpfer bei Umsatz und Produktion gegeben. Dieser dürfte in den nächsten Monaten aber ausgeglichen werden, sagte Wiechers. Auch die Nachfrage hatte im Mai geschwächelt. Im Juni zogen die Bestellungen wieder kräftig um 13 Prozent an. Aus dem Inland gingen 12 Prozent mehr Aufträge ein als im Vorjahresmonat, aus dem Ausland 13 Prozent mehr.
Die insbesondere von den USA angeheizten Handelskonflikte bereiten allerdings Sorge. Wiechers zufolge bekommen die ersten deutschen Maschinenbauer, die in China produzieren, den Zollstreit zwischen Washington und Peking beim Export in die USA zu spüren.