Die Lkw-Branche hat die Hybridfahrzeuge entdeckt
Deutsche Autobauer wollen eine führende Rolle einnehmen. Daimler stellt den Fuso Canter vor.
Düsseldorf. Deutsche Autohersteller und die Hybrid-Technik? — das passte lange Zeit nicht zusammen. Die früheren Innovationstreiber der Branche haben den Trend zum alltagstauglichen Ökoauto verpasst. Als Mercedes 2009 in der S-Klasse erstmals eine Kombination aus Benzin- und Elektromotor verkaufte, ging der Toyota Prius bereits in die dritte Generation.
Der Prius ist längst zum Synonym für ein Hybridauto geworden. Bei den kleinen Lkw bis 7,5 Tonnen könnte dieser Imagepreis indirekt nach Deutschland gehen. Denn mit dem Fuso Canter Hybrid hat Daimler neuerdings den ersten Hybrid-Lkw im Angebot, der in Europa in einer Großserie hergestellt wird. Indirekt deshalb, weil die Technik auch diesmal aus Japan kommt: Fuso ist die ehemalige Lkw-Sparte von Mitsubishi, gehört aber inzwischen zu Daimler.
Im Düsseldorfer Mercedes-Werk ist derzeit Probefahren angesagt. Daimler stellt noch bis zum 19. Oktober seine Vision für den Verteilerverkehr der nahen Zukunft vor. Verteilerverkehr, das bedeutet: kurze Strecken, niedrige Geschwindigkeiten, viel Stop- and Go-Verkehr. Ein Einsatzgebiet, in dem die Hybrid-Technik laut Daimler-Produktmanager Erk Rönnefarth ihre Stärken ausspielen kann.
Denn immer, wenn der Fahrer vom Gas geht oder bremst, wird die Batterie für den elektrischen Zusatzmotor aufgeladen. Die gewonnene Energie reicht, um den Diesel beim Beschleunigen zu unterstützen. Bis zu 10 km/h fährt der Canter im reinen E-Betrieb. Das spart laut Hersteller bis zu 23 Prozent Kraftstoff. An die Steckdose muss der 7,5-Tonner nicht.
Für potenzielle Kunden wie Paketdienste, Handwerker oder Versorgungsbetriebe wichtiger als der ökologische Nutzen dürften Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit sein. „Der Fuso ist der erste Hybrid-Lkw, der sich für den Kunden rechnet“, sagt Rönnefarth.
Je nach Einsatzgebiet und Laufleistung seien die 8500 Euro Mehrkosten nach drei bis vier Jahren drin. Auf die Hybridkomponenten gibt es bis zu zehn Jahre Garantie. Und auch beim Komfort müssen Canter-Fahrer keine Kompromisse machen.
Das Anfahren im Elektrobetrieb ist butterweich, auch das Zuschalten des Diesel geht dank Automatik mit Doppelkupplung vergleichsweise sanft vonstatten. Noch konsequenter ist das Antriebskonzept beim kleinen Mercedes-Lieferwagen Vito E-Cell, der als Kastenwagen und neuerdings auch als Kombi mit sieben Sitzen angeboten wird. Hier leistet ein Elektromotor die ganze Arbeit.
Die Spitzengeschwindigkeit ist auf rund 90 km/h begrenzt, zum Aufladen braucht es Starkstrom. Dennoch macht der E-Cell auf der Probefahrt einen durchweg ausgereiften Eindruck. Im Stadtverkehr reichen die 280 Newtonmeter zum flotten Vorankommen. Was fehlt? Das Motorgeräusch und die Vibrationen des Diesel. Für den Fahrer sicher kein Problem, höchstens für Fußgänger könnten die geräuschlosen Autos zur Gefahr werden. Wahrscheinlich wird es bald eine Verordnung gegen zu leise Autos geben. Die EU arbeitet bereits daran.