Edeka beschwert sich per Brief bei Bundestagsabgeordneten
Das Unternehmen greift das Kartellamt an.
Berlin. Drei Seiten, die es in sich haben: Der umstrittene Verkauf der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann an den Konkurrenten Edeka hat jetzt auch den Bundestag erreicht. In einem unserer Zeitung vorliegenden Brief an Bundestagsabgeordnete geht Edeka-Chef Markus Mosa hart mit den Zweifeln des Bundeskartellamtes an einer Übernahme ins Gericht. Das Amt werde den "Notwendigkeiten der Marktteilnehmer und der Verbraucher nicht gerecht", heißt es in dem Schreiben. Einen solchen Angriff auf die obersten Wettbewerbshüter über den Bundestag hat es wohl noch nicht gegeben.
Edeka will die 450 Filialen von Kaiser's Tengelmann in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen zum 30. Juni 2015 kaufen. Doch die Übernahme steht vor einer schwierigen kartellrechtlichen Prüfung.
Erst Ende September hatte das Bundeskartellamt bei der Vorstellung einer Sektorenuntersuchung zum Lebensmitteleinzelhandel betont, dass es sich um einen "stark konzentrierten Markt" handele. Edeka, Rewe, Lidl/Kaufland und Aldi teilten rund 85 Prozent des Marktes unter sich auf. Die Analyse zeige, "dass wir einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse konsequent entgegenwirken müssen", so damals Behördenchef Andreas Mundt. Nach Informationen unserer Zeitung soll Mundt am 12. November im Ernährungsausschuss des Bundestages gehört werden.
Die Untersuchung des Amtes gehe an der Wirklichkeit vorbei, wettert Mosa jetzt in dem Schreiben an die Mitglieder des Gremiums. Die Behörde Amt habe mit gewaltigem Aufwand "untersucht, wenig herausgefunden, stark dramatisiert und rechtfertig damit eine Verschärfung der Kartellrechtsanwendung". Edeka sei kein Konzern, sondern ein genossenschaftlicher Verbund von über 4000 selbstständigen Kaufleuten. Von denen würde jeder selbst entscheiden, was er für seinen Markt ordere. Ziel der Übernahme sei, "die Filialen von Kaiser's Tengelmann nach und nach in die Hände von selbstständigen Edeka-Kaufleuten zu geben".
Das sei auch eine große Chance für die Beschäftigten. Bei Kaiser's Tengelmann arbeiten rund 16.000 Menschen. Die Politik müsse sich nun mit der "Ausweitung der Einmischung des Bundeskartellamtes in die Prozesse des Lebensmitteleinzelhandels befassen", fordert Mosa.
Der Brief stößt bei vielen Abgeordneten auf Unverständnis. Die Vorsitzende des Ernährungsausschusses, Gitta Connemann (CDU), sagte unsere Zeitung, es sei Aufgabe der Wettbewerbswächter, "Fusionen kritisch zu begleiten, insbesondere bei solchen Riesen". Die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD, Elvira Drobinski-Weiß, betonte, die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel sei problematisch. "Wenn 85 Prozent des Marktes in der Hand von vier großen Lebensmitteleinzelhändlern liegt, können diese Preise und Bedingungen für die Zulieferer bestimmen."
Schon jetzt werde immer wieder von unfairen Handelspraktiken der vier Großen berichtet. Deshalb sei es gut, "wenn das Bundeskartellamt über eine fairen Wettbewerb wacht".
Grünen-Experte Friedrich Ostendorff erklärte, die Kritik sei nicht nachvollziehbar. "Natürlich entsteht hier eine geballte Macht", so Ostendorff.