Entscheidende Woche für Griechenland-Rettungspaket
Athen/Berlin (dpa) - Ganz Europa blickt gebannt nach Athen: Seit Montag streiten die 300 Abgeordneten des pleitebedrohten Landes dort um das Sparprogramm von Ministerpräsident Giorgios Papandreou. Abgestimmt wird am Mittwoch - mit Folgen für das finanzielle Überleben des Landes.
Ohne grünes Licht bekommt Athen kein Geld mehr von seinen europäischen Partnern. Die arbeiten derweil immer noch unter Hochdruck an einer Beteiligung der Finanzwirtschaft am nächsten Rettungspaket. Der internationalen Hilfsbereitschaft zum Trotz wollen die Gewerkschaften von Dienstag an erneut das Land lahmlegen - aus Protest gegen die einschneidenden Sparpläne der Regierung.
Für Dienstag und Mittwoch haben viele Gewerkschaften des privaten und staatlichen Bereichs Streiks gegen den Sparkurs der Regierung angekündigt. Unter anderem soll es am Dienstag zu erheblichen Verspätungen im Bereich Luftverkehr kommen.
Von der Annahme des Sparpakets, mit dem bis 2015 78 Milliarden Euro eingespart werden sollen, hängt die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von EU und IWF in Höhe von 12 Milliarden Euro ab. Ohne dieses Geld wäre Athen pleite. Außerdem ist der strikte Sparkurs Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, das am kommenden Sonntag von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll.
Deutschland rechnet mit einer Zustimmung des griechischen Parlaments für das Sparpaket. „Wir gehen davon aus, dass sie diese Maßnahmen beschließen werden“, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen in Berlin. Er bekräftigte die Forderung Deutschlands nach einer substanziellen Beteiligung der privaten Geldgeber an einem zweiten Hilfspaket. Der Anteil der Privatgläubiger müsse quantifizierbar, berechenbar und verlässlich sein. „Wir wollen so viel wie möglich vom privaten Sektor zusammenbekommen.“
Wenige Tage vor dem entscheidenden Ministertreffen gibt es aber noch kein fertiges Modell. Der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte am Montag in Brüssel, Gespräche mit den Geldhäusern sollten „in den nächsten Tagen“ zu verschiedenen Alternativen führen. Auch in Rom hieß es nach einer Konsultationsrunde internationaler Gläubigerbanken Griechenlands und Finanzinstitutionen, dass es „weder formell noch informell“ eine Entscheidung gebe, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf informierte Kreise berichtete.
Unklar ist auch, mit welcher Summe sich der Privatsektor an der zweiten Griechenland-Rettung beteiligen könnte. Vor zwei Wochen war zunächst von rund 30 Milliarden Euro die Rede gewesen - diese Zahl fällt inzwischen nicht mehr. Es werde eine „substanzielle“ Zahl erreicht werden, versicherte der Sprecher Rehns. Das Gesamtpaket soll einen Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro haben. Im Kern geht es bei der Beteiligung der Privatwirtschaft um eine freiwillige Laufzeitverlängerung griechischer Anleihen.
Sarkozy bestätigte, dass ein Abkommen über eine Beteiligung der französischen Banken grundsätzlich erreicht sei. „Es handelt sich um einen ersten Entwurf, wir arbeiten daran, sowohl mit den Banken als auch mit den Versicherungen“, sagte Sarkozy. Dabei handle es sich um einen freiwilligen Beitrag. „Wir lassen Griechenland nicht fallen“, betonte er.
Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, warnte eindringlich vor einer Umschuldung Griechenlands mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Euro-Zone. „Eine Umschuldung, wie sie im Falle Griechenlands offen diskutiert wird, stellt absolut keine Alternative dar“, sagte das Direktoriumsmitglied der EZB in Berlin.
Die EZB pocht darauf, dass die neue Rettungsaktion nicht als Zahlungsausfall interpretierbar sein dürfe. Auch dürfe es zu keiner drastischen Bonitätsherabstufung auf „Ausfall“ kommen - und zu keiner Lösung, „die jedweden Zwang auf private Gläubiger ausüben würde“, sagte Stark. Von einer Umschuldung in einem Euro-Land gingen kurzfristig schwerwiegende Gefahren für die wirtschaftliche Stabilität des Landes und die Finanzstabilität im Euroraum als Ganzes aus. „Aus Angst vor weiteren Kreditausfällen im Euroraum könnte es zum Ausverkauf von Staatsanleihen anderer Eurostaaten kommen.“
Die regierenden Sozialisten haben 155 Sitze im 300-köpfigen Parlament. Zwei Abgeordnete haben bereits angekündigt, sie könnten „unter den jetzigen Umständen“ das Sparprogramm nicht billigen. Es handelt sich um zwei Parlamentarier, deren politische Klientel mit der zur Privatisierung anstehenden Elektrizitätsgesellschaft (DEI) verbunden sind. Wie es aus Kreisen der Regierungspartei der Sozialisten hieß, versucht die Führung der Partei, darunter auch der Finanzminister Evangelos Venizelos, die beiden „Rebellen“ umzustimmen. Die Regierungspartei fürchtet aber auch einige andere bislang „schweigende“ Abgeordnete.