Erdbeeren? Nur im Sommer!
Die Mehrzahl der Deutschen kauft Obst und Gemüse dann, wenn es hierzulande reif ist. Regional ist „in“.
Berlin. Himbeeren im Winter? Nein Danke! Deutsche Verbraucher wollen Obst und Gemüse dann kaufen, wenn es hierzulande reif ist. Kurze Transportwege und erntefrische Produkte sind ihnen wichtiger als Vielfalt: Nur sieben Prozent sind nicht bereit, beim Einkauf in manchen Monaten auf bestimmte Nahrungsmittel zu verzichten, ergab eine repräsentative Umfrage. Besonders ausgeprägt ist das Bewusstsein für Saisonware bei Älteren: 92 Prozent der über 55-Jährigen wollen keine Erdbeeren in der kalten Jahreszeit.
90 Prozent der Verbraucher überprüfen auch, wo das Produkt herkommt, fand das Meinungsforschungsinstitut YouGov heraus. Diese Prüfung führt nicht immer zum Kauf: Doch immerhin zwei Drittel der Befragten bevorzugen Produkte aus ihrer Gegend. „Regionalität schafft Identität“, sagt Johannes Funke vom Deutschen Bauernverband.
„Gefühlsmäßig ist es gut, wenn ich Produkte aus der Region kaufe. Ich spüre eine Nähe zum Erzeuger“, sagt Hans-Christoph Behr, Bereichsleiter Gartenbau bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI. Behr warnt aber davor, sich zu stark davon einlullen zu lassen. „Regionalität wird verquickt mit Nachhaltigkeit und Bio“, moniert er.
Seiner Ansicht nach kann es durchaus Nachteile haben, wenn beim Einkauf der Fokus zu stark auf regionalen Erzeugnissen liegt: „Wenn sich jemand auf eine Gemüsesorte spezialisiert, weiß er besser, wie er sie anbauen kann, und braucht weniger Dünger und Pflanzenschutz.“ Und der müsse nicht unbedingt in der Nähe sein. Zudem wachse nicht alles in jeder Region Deutschlands.
Dass regional und angepasst an die Saison in vielen Fällen auch preiswerter heißt, hat die Verbraucherzentrale Hamburg herausgefunden: Sie stellte fest, dass etwa Himbeeren im Sommer auf dem Wochenmarkt weniger kosteten als bei Discountern. „Grund ist die Logistik: Die großen Läden müssen die Ware erst in ganz Deutschland verteilen. Bis sie beim Kunden ist, ist vieles verdorben“, sagt Lebensmittelexperte Armin Valet. Die verdorbene Ware wiederum muss in die Preiskalkulation mit einbezogen werden.
Er gibt noch mehr Gründe für ein an die Jahreszeit angepasstes Essverhalten: „Erdbeeren, die abends gepflückt und morgens gekauft werden, schmecken auch besser als solche, die aus Marokko hierher gebracht wurden,“ meint Valet.
Nicht bei allen Obst- und Gemüsesorten zeigt sich der Trend zum saisonalen Konsum: Heidelbeeren und Blumenkohl etwa werden ganzjährig gegessen. Erdbeeren und weißer Spargel sind nach Erkenntnissen der AMI dagegen Paradebeispiele für saisonabhängige Vermarktung. „Es wird immer wieder versucht — auch mit billigen Angeboten — aber beide werden außerhalb ihrer Saison einfach fast nicht verkauft“, sagt Behr.