EU-Finanzminister beraten über Irland-Hilfe
Brüssel (dpa) - Die EU-Finanzminister werden eine möglicherweise 85 Milliarden Euro schwere Finanzhilfe für Irland voraussichtlich an diesem Sonntag in Brüssel genehmigen.
Die Minister wurden am Samstagabend zu der Sondersitzung geladen, nachdem der ursprüngliche Plan einer Telefonkonferenz auf Widerstand gestoßen war. Nach Angaben von EU-Diplomaten wollten unter anderem Frankreich und Deutschland, dass über die Milliardenhilfe nicht am Telefon entschieden wird.
Irlands Premierminister Brian Cowen hat den Umfang der benötigten Hilfe auf voraussichtlich 85 Milliarden Euro beziffert. Irland ist das erste Land, das das unter den im Mai von der EU aufgespannten Rettungsschirm mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro schlüpfen wird. Für Griechenland hatte es zuvor eine Sonderlösung gegeben.
Über den genauen Umfang und Details der Irland-Hilfe wollte der Vorsitzende der Eurogruppe, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, ursprünglich telefonisch eine politische Einigung herbeiführen. Diese sollte dann Anfang Dezember offiziell bei einem regulären Treffen der Finanzminister bestätigt werde. Mehrere EU-Regierungen hielten dieses Vorgehen jedoch nicht für ausreichend und bestanden auf einer „richtigen“ Sondersitzung.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ plädiert der EU-Spitzenbeamte Marco Buti, Generaldirektor von Währungskommissar Olli Rehn, für eine deutliche Vergrößerung des Rettungsfonds. Vor Spitzenbeamten aus den Finanzministerien der Euro- Mitgliedsländer habe Buti vorgeschlagen, die Mittel des Rettungsschirms auf 1,5 Billionen Euro zu verdoppeln, berichtet das Magazin in seiner neuesten Ausgabe. Anders ließen sich Buti zufolge die Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht eindämmen.
Die Bundesregierung ist bislang strikt gegen Vorschläge, den Euro-Rettungsfonds aufzustocken. „Ich halte von den Forderungen gar nichts“, hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag im Bayerischen Rundfunk gesagt. Der aktuelle Umfang von 750 Milliarden Euro sei ausreichend.
Am Samstag gingen in der irischen Hauptstadt Dublin Zehntausende auf die Straße, um gegen Cowens Sparpaket zu demonstrieren. Nach Angaben der Polizei nahmen 50 000 an den Protesten teil, nach Angaben der Veranstalter waren es 100 000 bis 150 000. Der Sparplan ist Teil des Rettungspaketes für Irland und soll dem irischen Fiskus innerhalb der nächsten vier Jahre über Steuererhöhungen und Streichungen 15 Milliarden Euro einbringen.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) rechnet nicht damit, dass nach Irland noch weitere Länder der Eurozone den Rettungsschirm in Anspruch nehmen müssen. „Ich gehe davon aus, dass wir unsere Hilfen auf Griechenland und Irland begrenzen können und keine weiteren Länder mehr in Not geraten“, sagte er der „Bild am Sonntag“. An den Finanzmärkten wird seit Tagen darüber spekuliert, dass als nächstes Portugal und womöglich Spanien Hilfen brauchen werden. „Spekulationen über mögliche Wackelkandidaten bringen hier nichts. Spanien und Portugal setzen alles daran, um ihre Staatshaushalte in Ordnung zu bringen“, sagte Brüderle dazu.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Focus“ ist die Bundesregierung inzwischen unter strikten Bedingungen bereit, so genannte Eurobonds zu akzeptieren, bei denen alle Staaten gemeinsam für die Schulden haften sowie die gleichen Zinsen erhalten würden. Im Gegenzug erwarte Berlin strengere Auflagen für Defizitsünder und ein verbindliches Restrukturierungsverfahren für Staaten, denen Zahlungsunfähigkeit droht. Eurobonds könnten - wegen der Beteiligung weniger solider Staaten - die Bonität Deutschlands belasten und damit zu höheren Zinsen führen. Außerdem würde Deutschland für die Schulden anderer mithaften. „Das tun wir aber bei einer Ausweitung oder Verlängerung des Euro-Rettungsschirms auch“, zitiert „Focus“ einen „mit dem Verhandlungsstand vertrauten Regierungsvertreter“.