Euro-Krise ernüchtert deutsche Wirtschaft

München (dpa) - Die Euro-Schuldenkrise und das politische Chaos in Italien drücken die gute Laune der deutschen Wirtschaft.

Der ifo-Geschäftsklimaindex gab im April zum zweiten Mal in Folge nach und sank diesmal ziemlich deutlich von 106,7 auf 104,4 Punkte, wie das Münchner ifo-Institut am Mittwoch mitteilte. Damit fiel das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft stärker als von den meisten Experten erwartet. Die Unsicherheit wächst.

Fachleute sehen zwar noch keine Trendwende für die Wirtschaft, aber ein deutliches Warnsignal, dass die Zeiten auch für die bisher sehr robusten deutschen Firmen schwerer werden könnten. „Die deutsche Konjunktur legt eine Verschnaufpause ein“, sagte ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. Zwar bewerteten die Firmen ihre Lage nach wie vor als gut, dennoch herrsche in den Chefetagen mehr Zurückhaltung. Auch ihre Erwartungen haben die Unternehmen im April erneut zurückgeschraubt.

Neben den Nachwirkungen des Zypern-Dramas verunsichert die Lage in Italien wohl viele Manager. Das noch immer regierungslose Land ist ein wichtiger Handelspartner für viele deutsche Firmen und die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Die EU jedenfalls ist besorgt, auch über die Situation in Frankreich. In beiden Ländern seien die Löhne zu hoch und die Schuldenberge gewachsen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn jüngst.

Volkswirte beobachten die Lage mit wachsendem Unbehagen. „Auch wenn der Trend beim ifo noch immer klar nach oben zeigt, ist das Risiko deutlich gestiegen, dass sich die deutsche Wirtschaft nicht im Frühjahr erholt, wie die meisten Volkswirte und wir unterstellt hatten“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe wertete den ifo-Rückgang als „herben Rückschlag für die Konjunkturhoffnung“.

Auch die BayernLB sorgt sich um das Wachstum, auf das Volkswirte nach dem schlechten vierten Quartal im Frühjahr gesetzt hatten. „Die konjunkturelle Erholung in Deutschland scheint schwächer auszufallen als erwartet.“ Im Schlussviertel 2012 war die deutsche Wirtschaft geschrumpft; für 2013 reichen die Wachstumsprognosen von 0,4 bis 1,3 Prozent. Die Bundesregierung wird nach dpa-Informationen ihre Vorhersage diese Woche leicht von 0,4 auf 0,5 Prozent erhöhen.

Ifo-Experte Klaus Wohlrabe warnte vor Pessimismus. Von einer Trendwende könne man noch nicht sprechen. „Damit muss man sehr vorsichtig sein. Die Unternehmen waren zum Start ins Jahr sehr optimistisch“. Die Eurokrise sei vor der Zypern-Krise aus den Schlagzeilen und Köpfen fast verschwunden gewesen. Mit 104,4 Punkten sei der ifo-Index wieder auf den Stand von Januar gerutscht. Man müsse abwarten, wie die Lage sich entwickele.

„Der zweite Rückgang des Geschäftsklimas in Folge ist ein Warnsignal. Die Chance zur Erholung ist aber weiterhin da“, sagte
KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Für den deutschen Export sieht Zeuner vor allem Chancen in Übersee. „Die USA und Ostasien sehen wir trotz jüngst etwas schwächerer Indikatoren weiter auf Wachstumskurs.“

Davon profitieren viele deutsche Industrieunternehmen, etwa die Autobranche. Doch auch dort herrscht nicht überall Sonnenschein. Daimler etwa kassierte am Mittwoch seine Gewinnprognose. „In den ersten drei Monaten des Jahres haben sich viele Märkte, insbesondere Westeuropa, konjunkturbedingt schlechter entwickelt als erwartet“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Auch die Rivalen BMW und Audi bekommen die triste Lage in Europa zu spüren, können aber viel etwa im Boomland China ausgleichen.

Insgesamt liegt der ifo-Index noch immer auf einem vergleichsweise hohem Niveau, vielen Branchen hierzulande geht es trotz der Rezession in der Eurozone nach wie vor gut. Für das Stimmungsbarometer befragt das ifo-Institut monatlich 7000 Firmen. Ihre aktuelle Lage bewerten die Unternehmen im April zurückhaltender als im März. Der Wert sank von 109,9 auf 107,2 Punkte. Der Wert für die Erwartungen an die kommenden Monate ging von 103,6 auf 101,6 Punkte zurück.