Europa schützt Steuerzahler mit neuem Banken-Pleitefonds
Brüssel (dpa) - Die Europäische Union errichtet einen neuen Notfalltopf für Pleitebanken und schützt damit Steuerzahler vor weiteren Milliardenlasten.
Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich am Donnerstag in Brüssel auf eine europäisches System zum Schließen oder Sanieren von maroden Geldhäusern.
Der Kompromiss soll noch rechtzeitig vor dem Europawahlen im Mai von der Volksvertretung und den Mitgliedstaaten förmlich gebilligt werden. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gesteckt.
„Wir haben einen fairen Kompromiss erreicht zwischen Europaparlament und dem (EU-Minister)-Rat“, bilanzierte EU-Parlamentschef Martin Schulz (SPD). Vorausgegangen waren 16-stündige Marathonverhandlungen, die die ganze Nacht über dauerten.
Der Notfalltopf soll mit Bankengeldern aufgebaut werden und letztlich einen Umfang von 55 Milliarden Euro haben. Der Fonds soll innerhalb von acht Jahren aufgefüllt werden, bisher hatten die EU-Staaten zehn Jahre geplant. Auf Druck der Parlamentarier werden auch die Entscheidungswege bei dem komplizierten Bankenabwicklungssystem vereinfacht. Problembanken könnten nun über ein Wochenende hinweg abgewickelt werden, resümierte Schulz.
Diplomaten sprachen von einem wichtigen Signal, dass die EU handlungsfähig sei. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten mehrfach gefordert, den Abwicklungsmechanismus für marode Banken rechtzeitig zu beschließen. Er ist die zweite Säule der Bankenunion; die erste Säule ist die gemeinsame Bankenaufsicht für Großbanken für die Eurozone, die im November starten wird. Mit der Bankenunion will Europa für mehr Vertrauen in seine Finanzbranche sorgen. Die EU-Chefs trafen am Donnerstag zu ihrem Gipfeltreffen in Brüssel ein.
„Statt des Steuerzahlers wird nun ein Fonds, für den die Banken aufkommen, zahlen(...)“, resümierte die niederländische konservative Abgeordnete Corien Wortmann-Kool, die mit verhandelte. In dem Fonds gibt es „nationale Abteilungen“ der beteiligten Staaten; nach drei Jahren sollen bereits 70 Prozent der vorhandenen Mittel „vergemeinschaftet“ sein. Das heißt, dass sie auch für andere Länder bereitstehen.
„Das stärkt die Schlagkraft des Fonds und verhindert hohe Rechnungen für die Steuerzahler“, so Wortmann-Kool. Die EU-Kassenhüter hatten bereits vereinbart, dass der Fonds auf den Finanzmärkten Geld aufnehmen kann, falls er selbst klamm werden sollte.
Der griechische Ressortchef Ioannis Stournaras und
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem saßen für die Mitgliedstaaten am Verhandlungstisch. Stournaras zeigte sich zuversichtlich, dass die beteiligten Staaten den Deal akzeptieren.
Die rechtliche Konstruktion für den Notfalltopf ist ausgesprochen kompliziert. Denn dafür muss auf Druck Deutschlands ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen den beteiligten Ländern geschlossen werden. Berlin fürchtet rechtliche Probleme und Klagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das neue System wird von 2016 an kommen. Beide Pfeiler der Bankenunion gelten für die Euroländer sowie Nicht-Eurostaaten, die freiwillig mitziehen.