EZB versorgt Banken weiterhin mit Billiggeld

Paris (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) versorgt die Banken im Euroraum auf absehbare Zeit weiterhin mit extrem billigem Geld und ist grundsätzlich zu weiteren Nothilfen bereit.

Die EZB werde die Entwicklung der Marktzinsen genau beobachten und gegebenenfalls eingreifen, bekräftigte EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch nach der Sitzung des Notenbankrates in Paris: „Wir sind bereit, alle verfügbaren Instrumente zu nutzen - ein LTRO eingeschlossen.“

Ende 2011 und Anfang 2012 hatten sich Banken bei der EZB insgesamt mehr als eine Billion Euro für die ungewöhnlich lange Frist von bis zu drei Jahren geborgt (LTRO). Inzwischen ist der Großteil zurückgezahlt, doch die Lage vieler Geldhäuser ist nach wie vor kritisch. Zudem treibt die Rückzahlung der Zentralbankgelder die Kreditraten am Markt für kurzfristig Geldleihen. Dies könnte die einsetzende wirtschaftliche Erholung abwürgen.

Draghi betonte zwar, seit Sommer 2012 hätten sich die Finanzierungsbedingungen für Banken „deutlich“ verbessert. Doch niemand wolle, dass die allmählich Erholung der Konjunktur dadurch behindert werde, dass den Banken die Liquidität für Kredite fehle.

Den Leitzins im Euroraum hält die EZB auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. Ökonomen hatten mit dieser Entscheidung gerechnet. Da sich die Konjunktur allmählich erholt, gibt es keine Notwendigkeit, den Zins weiter zu senken. Allerdings wird der Zins auf absehbare Zeit auch nicht steigen - Draghi bekräftigte in Paris die erstmals im Juli geäußerte Einschätzung des Notenbankrates. Der EZB-Rat tagt jedes Jahr zweimal außerhalb des EZB-Sitzes Frankfurt.

Die erneute Regierungskrise in Italien dürfte sich nach Draghis Einschätzung nicht negativ auf den Euroraum als Ganzes auswirken. „Die Eurozone und der Euro sind heute widerstandsfähiger als vor einigen Jahren“, sagte der Italiener, ohne detailliert auf die Entwicklung in seinem Heimatland einzugehen. Die insgesamt bessere Lage des Währungsraums erklärte Draghi unter anderem mit politischen Fortschritten und der Zusage der EZB, den Krisenstaaten unter Bedingungen notfalls durch den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen unter die Arme zu greifen (OMT-Programm).

Insgesamt bleibt die EZB somit - wie die US-Notenbank Fed - auf Krisenkurs. Unter Ökonomen ist allerdings umstritten, ob ein neuer Langfristkredit für Banken (LTRO) Sinn ergeben würde: Das drängendste Problem — die schleppende Kreditvergabe an Unternehmen — werde eine solche Maßnahme wohl kaum mildern, meint etwa Ralph Solveen von der Commerzbank. Schon bei den letzten beiden Geschäften dieser Art 2011/2012 („Dicke Bertha“) kam die Masse des Geldes nicht - wie von den Währungshütern beabsichtigt - bei Unternehmen und Verbrauchern an. Stattdessen parkten Kreditinstitute das Geld bei der EZB.

Nach Einschätzung von Volkswirten will Draghi vor allem signalisieren, dass die EZB notfalls handlungsfähig und handlungsbereit ist. Auf noch mehr Transparenz muss der Markt indes noch eine Weile warten: Über die Veröffentlichung der Protokolle der monatlichen geldpolitischen Sitzungen wurde noch nicht entschieden. „Wir arbeiten noch daran und werden bald eine Diskussion darüber beginnen“, sagte Draghi. Im August hatte Draghi angekündigt, das sechsköpfige EZB-Direktorium werde dem Rat bis zum Herbst Vorschläge zu einer Veröffentlichung der Protokolle vorlegen. Bislang liegen die Mitschriften 30 Jahre unter Verschluss. Eine - auch auszugweise - Veröffentlichung würde die EZB noch berechenbarer machen.