Irland zieht Kandidaten zurück Finanzminister einigen sich auf Guindos für EZB-Vizeposten
Brüssel (dpa) - Die 19 Euro-Finanzminister haben sich auf den Spanier Luis de Guindos als künftigen EZB-Vizepräsidenten verständigt. Die Empfehlung für die Kandidatur des spanischen Wirtschaftsministers solle beim Ministertreffen offiziell bestätigt werden, hieß es am Montag in Brüssel.
Damit dürften die Chancen für Bundesbank-Präsident Jens Weidmann steigen, 2019 an die Spitze der EZB zu rücken. Die letztendliche Entscheidung für den EZB-Vizeposten treffen die EU-Staats- und Regierungschefs voraussichtlich bei ihrem Gipfel am 22. und 23. März.
Die Personalie ist für Deutschland besonders bedeutsam, da die Nationalität des neuen Vizechefs der Europäischen Zentralbank (EZB) Auswirkungen auf die Nationalität des neuen EZB-Präsidenten haben dürfte. Sollte ein Südländer neuer Vizechef werden, dürfte ein Vertreter aus dem nördlichen Europa die im Herbst 2019 freiwerdende Stelle von EZB-Präsident Mario Draghi erhalten. Als ein möglicher Nachfolger Draghis gilt Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Das könnte Folgen für die geldpolitische Ausrichtung der EZB haben. Die Zentralbank verfolgt seit geraumer Zeit eine ultralockere Geldpolitik. Sparer bekommen seit Jahren kaum noch Zinsen, zugleich profitieren Schuldner von günstigen Krediten.
Der Posten des EZB-Vizepräsidenten wird frei, weil der aktuelle Vizechef der EZB, der Portugiese Vitor Constancio, Ende Mai planmäßig aus dem Amt scheiden wird. Irland hatte seinen Kandidaten für die Nachfolge, Notenbankchef Philip Lane, kurzfristig zurückgezogen. Man wolle eine Entscheidung im Konsens, begründete der irische Finanzminister Paschal Donohoe die Entscheidung. De Guindos und Lane waren die einzigen Kandidaten.
„Ich glaube, das wäre eine vortreffliche Wahl, wenn sich die Eurogruppe heute oder bei der nächsten Sitzung auf seine Person verständigt“, hatte Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU) vor dem Treffen der Euro-Finanzminister mit Blick auf die Nominierung Guindos' gesagt. Die Bundesregierung hatte den Spanier bereits vor einigen Jahren bei seiner Kandidatur für den Vorsitz der Eurogruppe unterstützt. Der Posten ging damals allerdings an den Niederländer Jeroen Dijsselbloem.
Kritik an der Entscheidung kam von den Grünen im Europaparlament. „Ein direkter Wechsel aus der Eurogruppe in die Führung der EZB gefährdet die Unabhängigkeit der Zentralbank“, sagte ihr wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher, Sven Giegold. Das Parlament kann zu der Personalie zwar eine Meinung abgeben, aber nicht mitentscheiden. Guindos ist seit mehreren Jahren selbst Mitglied der Eurogruppe. 2015 hatte er sich um den Vorsitz in dem Gremium bemüht, zog allerdings gegen den Niederländer Jeroen Dijsselbloem den Kürzeren.
Die Euro-Finanzminister berieten zudem über den Fortgang des griechischen Spar- und Reformprogramms. Griechenland wird seit 2010 mit internationalen Krediten vor der Pleite bewahrt. Der aktuelle Hilfsprogramm hat ein Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro und endet im August.
Bei der Auszahlung der aktellen Tranche kommt es aber zu Verzögerungen. Die Zahlung könne voraussichtlich nicht vor Mitte März erfolgen, sagte der Chef des Eurostabilitätsmechanismus (ESM), Klaus Regling.
Hintergrund ist, dass im Rahmen der laufenden Überprüfung des Programms von 110 erforderlichen Reformmaßnahmen bislang lediglich 108 umgesetzt sind. Die Euro-Finanzminister hatten eigentlich bereits im Januar grünes Licht für die Auszahlung von 6,7 Milliarden Euro in zwei Tranchen gegeben. Voraussetzung war allerdings, dass sämtliche Vorgaben erfüllt würden. Dies solle nun zeitnah erfolgen, hieß es.
Die Ressortchefs der 19 Staaten, die den Euro als Gemeinschaftswährung haben, berieten zudem über den Ausbau des ESM zu einem europäischen Währungsfonds. Europa müsse vorbereitet sein, wenn es wieder einmal zu einer Krise komme, sagte Regling, der „Augsburger Allgemeinen“. Grund sei unter anderem, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) stärker aus Europa zurückziehe.
Der ESM stemmte in der Vergangenheit Rettungsprogramme für Krisenländer in Europa, etwa für Griechenland. Der IWF war daran beteiligt. Zwischen den Europäern und dem IWF gab es allerdings immer wieder Uneinigkeit über die finanzpolitische Ausrichtung.