Finstere Aussichten für Solarbranche
Magdeburg (dpa) - Für die angeschlagene deutsche Solarbranche sieht die Zukunft düster aus. Die milliardenschweren Subventionen des Staates drohen zu versanden.
Monat für Monat kommen neue Pleiten und Werksschließungen hinzu. An vielen Orten wird nach Investoren gesucht. Aber Geldgeber sind kaum in Sicht.
Beispiel Q-Cells. Auch vier Monate nach dem Insolvenzantrag des früheren Weltmarktführers ist noch kein neuer Investor gefunden. „Die Investorensuche läuft“, sagt Insolvenzverwalter-Sprecher Christoph Möller. Die Produktion laufe weiter, es habe unter den einst 1300 Mitarbeitern auch noch keine Entlassungen gegeben. Wie lange das Geld noch reicht? Niemand weiß es. „Bis auf weiteres“, sagt der Sprecher.
Im benachbarten Unternehmen Sovello scheint die Lage nicht besser. Das Management hatte zwar einen asiatischen Interessenten gefunden. Doch das Land Sachsen-Anhalt lehnte dankend ab, als die Pläne konkreter wurden. Der neue Geldgeber verlangte Millionenhilfen vom Land - wollte die Produktion aber weitgehend ins Ausland verlagern. Das Angebot wurde ausgeschlagen. Jetzt ist nicht mal mehr Geld für eine Transfergesellschaft für 500 entlassene Mitarbeiter da.
Andere Firmen verschwinden ohne Pleite aus Deutschland. So machte der US-Hersteller First Solar sein Werk in Frankfurt (Oder) mit 1200 Arbeitsplätzen dicht, obwohl er zuletzt kräftig beim Umsatz zulegte und in die Gewinnzone zurückkehrte. Und auch namhafte Firmen wie der Fensterhersteller Schüco oder der Glasexperte Schott geben Solarwerke auf.
Das Konzept, mit Milliardensummen des Steuerzahlers eine breit aufgestellte und schlagkräftige Solarbranche in Deutschland entstehen zu lassen, ist nicht aufgegangen. Allein Sachsen-Anhalt hat in den letzten zwölf Jahren 134,6 Millionen Euro staatliche Subventionen in die Branche gesteckt, darunter viel Geld von Bund und EU, wie aus Zahlen des Wirtschaftsministeriums hervorgeht. Obendrauf kamen vergünstigte Kredite und nicht zuletzt Milliarden an Umlagen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Tatsächlich entstanden im Osten Deutschlands eine Reihe von Firmen - und sogar ein ganzes „Solar Valley“ im Dreiländereck von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 18 000 Jobs biete die Branche in den drei Ländern, davon 4000 im Maschinenbau, sagt der Chef der Branchenvereinigung Solar Valley Mitteldeutschland, Peter Frey. Aber jeder fünfte Job ist akut gefährdet. Die Kernfrage sei, ob die Firmen die Kraft hätten, statt einfacher Module künftig ganze Systeme anzubieten. „Dort liegen die Chancen“, sagt Frey. „Mit den Standardprodukten können wir in der Regel nicht mithalten.“
Vor allem im Osten Deutschlands ist die Verzweiflung groß - denn schlagkräftige andere Industrien sind kaum zu finden. Von manch einem Experten kommen da ungewöhnliche Vorschläge - etwa vom früheren Präsidenten des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Ulrich Blum. Der Staat müsse eine staatliche Solar-Holding gründen, fordert er. Das würde zwar nochmals gut eine Milliarde kosten, sagte Blum zuletzt der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Doch dies ist immer noch billiger, als die zig Milliarden, die schon ausgegeben wurden, jetzt abzuschreiben.“