Fitschen: Deutsche Bank braucht Zeit für Kulturwandel

Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche Bank braucht nach Einschätzung von Co-Chef Jürgen Fitschen noch Jahre, um die Schatten der Vergangenheit hinter sich zu lassen.

„Ein Kulturwandel ist ein mehrjähriger Prozess“, sagte der seit Juni gemeinsam mit Anshu Jain an der Spitze der größten deutschen Bank stehende Manager der „Börsen-Zeitung“ (Samstag). Die Bank steht wegen Geschäften aus der Vergangenheit im Fokus von Ermittlungen. Wegen der Branchenkrise, des Kostendrucks und strengerer Regeln für die Banken rechnet Fitschen mit einem weiteren Filialsterben in Deutschland.

Um die Kultur bei der Deutschen Bank positiv zu verändern, habe er gemeinsam mit Jain bereits Maßnahmen ergriffen, sagte Fitschen. Als Beispiel nannte der Manager das unabhängige Gremium, das die Gehaltsstrukturen in der Bank überprüft. Die Bank will zudem verstärkt Geschäfte ablehnen. So sei die Messlatte für Genehmigungen von bestimmten Transaktionen weiter nach oben verschoben worden, sagte Fitschen.

Die Liste der Vorwürfe gegen die Deutsche Bank ist lang und reicht von Betrugsvorwürfen beim Verkauf von Wertpapieren über den Manipulations-Verdacht beim wichtigen Referenzzins Libor bis zu Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung.

Hier geriet auch Fitschen selbst in die Schusslinie, da auch gegen ihn persönlich ermittelt wird. Zudem hatte er sich wegen der aus seiner Sichten rüden Methoden der Staatsanwaltschaft bei der Steuerrazzia in der Firmenzentrale Mitte Dezember telefonisch beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier beschwert. Fitschen bedauerte den Anruf später.

„Die erhobenen Vorwürfe wiegen schwer und belasten uns alle“, sagte Fitschen der „Börsen-Zeitung“. „Wir werden alles tun, um sie zu entkräften.“ Das Institut müsse sich konsequent und vorbehaltlos mit der Vergangenheit auseinandersetzen, sagte der Manager, der seit 25 Jahren bei der Bank ist. „Gleichzeitig konzentrieren wir uns darauf, unsere Kunden bestmöglich zu bedienen, um ihr Vertrauen zu erhalten und wo immer möglich zu mehren.“

Dabei sieht Fitschen nicht nur Konkurrenz durch andere Banken, sondern auch von IT-Unternehmen wie Google oder Microsoft. „Diese Unternehmen wissen aufgrund ihrer riesigen Datenbasis viel mehr über Bedürfnisse ihrer Kunden, als Banken es jemals erfahren werden, und können dadurch Dienstleistungen sehr gezielt anbieten.“ Derzeit bieten zum Beispiel Ebay und Google bereits eigene Bezahldienste an, um vom stark steigenden Volumen an Online-Transaktionen zu profitieren. Berichten zufolge prüfen Amazon und Google zudem derzeit, ins Kreditgeschäft einzusteigen.

Fitschen rechnet unter anderem wegen der steigenden Nutzung des Internets mit einem weiteren Filialsterben in Deutschland. „Man sollte sich von dem Gedanken frei machen, dass es möglich und auch nötig ist, in jedem kleinen Ort eine Bankfiliale zu erhalten“, sagte er. Dies sei nur möglich, wenn die Kunden auf Dauer bereit wären, höhere Preise zu bezahlen. „Darauf würde ich allerdings nicht wetten.“

In den vergangenen Jahren ging die Zahl der Bankfilialen bereits deutlich zurück. Deutschland hat im Vergleich zu den meisten Ländern aber immer noch eine hohe Bankendichte und gleichzeitig vergleichsweise niedrige Preise für Bank-Dienstleistungen wie Girokonten oder Bargeldabhebungen.