Flüchtlingswelle beeinflusst erst 2017 Arbeitsmarkt

Nürnberg (dpa) - Die steigende Flüchtlingszuwanderung wird nach Einschätzung von Volkswirten wahrscheinlich erst im Jahr 2017 voll auf dem deutschen Arbeitsmarkt durchschlagen - und für stärker wachsende Arbeitslosenzahlen sorgen.

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Im kommenden Jahr werde der Flüchtlingseffekt zwar von Frühsommer an spürbar sein, aber noch nicht zu stark steigenden Erwerbslosenzahlen führen, prognostizierten die Arbeitsmarktexperten deutscher Großbanken in einer Umfrage.

Zur Begründung verweisen die Bankökonomen auf die schleppenden Asylverfahren. Viele Asylbewerbern würde erst nach ihrer Anerkennung als Flüchtlinge auf Jobsuche gehen. „Viele Verfahren werden noch eine Weile laufen. Daher ist es derzeit schwer zu sagen, wann die erste Welle von arbeitssuchenden Flüchtlingen bei den Jobcentern zu erwarten ist“, meint etwa Commerzbank-Ökonom Eckart Tuchtfeld.

So geht Allianz-Volkswirt Rolf Schneider für 2016 im Jahresschnitt lediglich von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 50 000 aus, Tuchtfeld sogar nur von 40 000. Heiko Peters von der Deutschen Bank erwartet eine Zunahme von 67 000. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte in seiner Herbstprognose von einem jahresdurchschnittlichen Anstieg der Erwerbslosenzahl von
70 000 gesprochen, aber auch einen höheren Anstieg der Jobsucherzahlen im Jahr 2016 nicht ausgeschlossen.

Ohne die Flüchtlingszuwanderung von rund einer Million in diesem Jahr würde die Zahl der Jobsucher nach Expertenprognosen im kommenden Jahr erneut sinken. Denn dank der erwarteten stabile Konjunktur entstünden in deutschen Betrieben auch 2016 neue Arbeitsplätze. Da vielen Flüchtlingen Sprachkenntnisse und die erforderliche Qualifikation fehlten, könnten sie vorerst nur in seltenen Fällen mit den Migranten besetzt werden, meinen die Ökonomen.

Die großen Geldhäuser rechnen 2016 mit einem Wirtschaftswachstum zwischen 1,3 Prozent (Commerzbank) und 2,0 Prozent (Allianz). Getragen wird der erwartete leichte Aufschwung den Ökonomen zufolge vor allem von der starken Binnennachfrage. Neben dem privaten Konsum spielten die steigenden Staatsausgaben - auch für die angemessene Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen - eine Rolle. Bei den Exporterwartungen für 2016 sind sich die Vertreter der Geldinstitute dagegen uneinig. Während einigen die Schwäche wichtiger Export-Länder wie China, Russland und Brasilien Sorge bereitet, erwarten andere für 2016 eine leichte Verbesserung der Exportaussichten.

Derzeit sei der Arbeitsmarkt jedenfalls noch stabil, sind sich die Fachleute einig. Die Ökonomen gehen daher für November im Vergleich zum Vormonat von einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 10 000 auf 2,64 Millionen aus. Dies wären knapp 80 00 weniger als vor einem Jahr. Nach Einschätzung von Allianz-Ökonom Schneider hat der Arbeitsmarkt im November von dem seiner Ansicht nach wieder etwas stärkeren Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2015 profitiert. Außerdem sorgten niedrige Benzin- und Heizölpreise für eine positive Verbraucherstimmung.