Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
Wiesbaden (dpa) - Viele Frauen verdienen auch heute noch im gleichen Job und bei gleicher Qualifikation weniger als ihre männlichen Kollegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Mittwoch liegt bei vergleichbarer Tätigkeit und Ausbildung der Unterschied je Stunde im Schnitt bei etwa 8 Prozent brutto.
Lässt man den konkreten Job und die Qualifikation außer Acht, dann war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen im vergangenen Jahr sogar um 23 Prozent niedriger. Seit 2006 hat sich an dieser Einkommenslücke in Deutschland nicht geändert. Selbst Frauen in Führungspositionen müssen sich oft mit einem geringeren Gehalt begnügen.
Als Hauptursachen für den Entgeltunterschied von 23 Prozent nennen die Statistiker, dass Frauen oft in Berufen arbeiteten, die schlechter bezahlt sind; außerdem arbeiten sie oft in Teilzeit. Rund zwei Drittel der Differenz könnten auf diese Weise erklärt werden.
Der diesjährige Tag der Entgeltgleichheit (Equal Pay Day) fällt auf den 23. März. Die Wahl des Datums soll die Lücke anschualich machen: Fast drei Monate müssten Arbeitnehmerinnen in Deutschland über die Jahreswende hinaus arbeiten, um das durchschnittliche Jahresgehalt zu bekommen, das Männer schon bis zum 31.12. des Vorjahres erreicht hätten.
Selbst in leitenden Positionen verdienen Frauen oft weniger als Männer, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht. „Der Aufstieg in deutsche Führungsetagen gelingt Frauen wesentlich seltener als Männern. Und wenn doch, verdienen sie im Schnitt gut 1000 Euro brutto weniger als ihre männlichen Kollegen“, heißt es in der Studie.
2010 erhielten vollzeitbeschäftigte Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft demnach im Schnitt rund 3860 Euro monatlich, Männer kassierten rund 4900 Euro. Die sehr gut bezahlten Toppositionen seien überwiegend mit Männern besetzt. „Mehr Frauen in diesen Führungspositionen können auch zur Verringerung des Verdienstunterschieds beitragen“, erklärte das DIW. Im Vergleich zum Jahr 2001 verringerte sich der Unterschied immerhin auf rund ein Fünftel. Damals betrug er noch 30 Prozent.
Angesichts der neuen Zahlen wollen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die SPD gegen die ungleiche Bezahlung mobil machen. Die Gewerkschaft hat für Freitag zu einer Protestkundgebung in Berlin aufgerufen. Die SPD-Bundestagsfraktion plant ein neues Gesetz, das notfalls auch auf Bußgelder für Unternehmen setzt, die Frauen diskriminieren.
Die Linken-Politikerin Yvonne Ploetz fordert eine Frauenministerin. Die Ursachen für die Lohnunterschiede seien ein Skandal, der durch politischen Willen behoben werden könne. Sie seien eine „offene Form der Diskriminierung“. Helfen könne zum Beispiel eine bessere Kinderbetreuung.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kritisiert indes, wichtige Faktoren bei der Berechnung der aktuellen Zahlen seien nicht berücksichtigt worden. „Werden also Entgelte von Frauen und Männern verglichen, die sich etwa hinsichtlich Ausbildung, Alter, Wohnregion, Dienstalter, Berufserfahrung und anderer Merkmale gleichen, schrumpft die Lücke deutlich.“ Auch familienbedingte Erwerbspausen müssten berücksichtigt werden. Dann betrage der Unterschied bei Frauen mit Kindern, die spätestens nach eineinhalb Jahren wieder in den Beruf zurückgekehrt sind, nur noch 4 Prozent, argumentiert das IW.