Strom auf Vorkasse Gericht zieht Schlussstrich unter Teldafax-Pleite
Bonn (dpa) - „Wo bleibt mein Geld?“ - Viele geschädigte Kunden des zusammengebrochenen Stromdiscounters Teldafax stellen immer wieder diese Frage und warten bis heute auf eine Antwort.
Seit knapp sechs Jahren ist der ehemalige Billiganbieter von Strom und Gas aus Troisdorf bei Bonn pleite. Während der Insolvenzverwalter weiter Geld für die Gläubiger zusammenkratzt, beendete das Bonner Landgericht den Strafprozess gegen zwei Ex-Manager mit Bewährungsstrafen. Das Verfahren gegen einen dritten Ex-Vorstand war bereits Ende 2016 gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestellt worden.
Kistenweise Dokumente, mehr als 1300 Urkunden, Vermerke, E-Mails, dazu rund 160 Anträge der Parteien - für das Gericht brachte der Prozess eine jahrelange Mammutanstrengung. Den mehr als 500 000 betroffenen Kunden bleibt am Ende die Genugtuung, dass die Verantwortlichen klar schuldig gesprochen wurden - auch wenn keiner der Ex-Manager hinter Gitter muss. Die Entscheidung könnte aber denjenigen helfen, die parallel zum Strafverfahren vor Zivilgerichten auf Schadenersatz klagen - allein gegen einen der beiden Verurteilten gab es laut Gericht bereits rund 600 solcher Zivilverfahren.
Was war geschehen? Mit der Öffnung der Strommärkte Ende der 90er Jahre hatte der Wettbewerb im Energiebereich neue Anbieter in die Branche gelockt. Dabei entwickelte sich der Kampf um Kunden zu einem aggressiven Preiswettbewerb. Teldafax, das einige Jahre zuvor auf dem Telekommunikationsmarkt vergeblich zu reüssieren versuchte, gehörte zu den wenigen Unternehmen, die günstige Strom- und Gaspreise über Vorauszahlungen boten. Viele Kunden bissen an. Doch das Geschäftsmodell war äußerst riskant.
Günstige Preise konnte der Discounter nur mit einer immer größeren Anzahl von Vorauszahlungen halten. Die Endkundenpreise lagen dabei zum Teil unter den Einstandskosten - vor allem als 2008 die Einkaufspreise für Strom anzogen. Als das Wachstum nachließ und gleichzeitig der Fiskus hohe Nachforderungen an Stromsteuer verlangte, brach das Geschäftsmodell zusammen. Die Stromhändler stellten die Lieferung ein, die Teldafax-Kunden fielen automatisch in die teure Grundversorgung ihres lokalen Anbieters zurück - und blieben auf den Mehrkosten sitzen.
Der Insolvenzverwalter Biner Bähr soll chaotische Verhältnisse in der Zentrale in Troisdorf bei Bonn vorgefunden haben. Auf der ersten Gläubigerversammlung des Unternehmens stellte er unmissverständlich klar: „Hier haben Leute versucht, mit dem Unternehmen Geld zu verdienen auf Kosten anderer.“ Bei Flexstrom, einem anderen großen Anbieter mit Vorkasse-Modell, lief es ähnlich. Auch hier warten Kunden bis heute auf Rückerstattung.
Im Fall Teldafax nahm die Bonner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf und erhob wenig später Anklage gegen drei Manager. Der Vorwurf: gewerbsmäßiger Betrug, Insolvenzverschleppung und Bankrottdelikte. 2015 begann der Prozess vor dem Landgericht Bonn.
Doch nach vielen Verhandlungstagen und Zeugenvernehmungen brach die Anklage mehr und mehr in sich zusammen. Von den Anklagepunkten blieben am Ende nicht mehr viele, Mitte vergangenen Jahres gab das Landgericht dann eine Teileinstellung bekannt. Es blieb die Insolvenzverschleppung und die Verletzung von Buchführungspflichten.
Als sehr viel aufwendiger gilt die Arbeit des Insolvenzverwalters Bähr. Der hatte im November 2015 eine erste gute Nachricht für die Teldafax-Geschädigten: Bis dahin hatte er insgesamt 214 Millionen Euro eingesammelt, darunter eine dreistellige Steuerrückerstattung sowie Zahlungen vom Bundesligaclub Bayer 04 Leverkusen, der mit Teldafax einen Sponsorenvertrag vereinbart hatte.
Anfang 2016 sprach Bähr als Zeuge im Teldafax-Prozess schon von einem Betrag in Höhe von 250 Millionen Euro, den er bei Großgläubigern erstritten habe. Auch das soll noch nicht das Ende sein. „Das Verfahren wird weiterhin intensiv betrieben“, sagt ein Sprecher des Insolvenzverwalters, der sich nicht auf ein Ende des Verfahrens festlegen will. Gut möglich, dass am Ende viele Teldafax-Kunden doch noch mit einem blauen Auge davon kommen.