GM ruft Millionen weitere Wagen wegen Zündschlössern zurück
Detroit/Zürich (dpa) - Tödliche Unfälle wegen defekter Zündschlösser führen erneut zu einem Massenrückruf bei General Motors.
Bei 7,6 Millionen älteren Limousinen der Marken Chevrolet, Oldsmobile und Pontiac kann sich der Zündschlüssel ungewollt verstellen. Ein ähnliches Problem haben weltweit 616 000 neuere Chevrolet-Karossen.
Bei sieben Unfällen mit den älteren Limousinen starben nach Firmenangaben drei Menschen und acht wurden verletzt. Es sei aber noch nicht abschließend geklärt, ob der Defekt zu den Unfällen geführt habe, teilte die Opel-Mutter am Montagnachmittag (Ortszeit) in Detroit mit.
Nur Stunden zuvor hatte GM einen Fonds zur Entschädigung von Insassen vorgestellt, die bei Unfällen mit älteren Kompaktwagen getötet oder verletzt worden waren. Dieser jahrelang ignorierte Defekt bei Zündschlössern hatte nach Firmenangaben 13 Tote gefordert und die ganze Rückruf-Welle ins Rollen gebracht.
„Unsere Kunden verdienen mehr als das, was wir ihnen mit diesen Wagen geboten haben“, erklärte Firmenchefin Mary Barra zu den neuerlichen Rückrufen. Insgesamt waren es sechs Stück an der Zahl, die weltweit 8,4 Millionen Fahrzeuge der Modelljahre 1997 bis 2014 betreffen. Opel-Modelle sind nicht darunter, allerdings der vorrangig in Nordamerika verkaufte Saab-SUV 9-7X.
In Europa müssen knapp 12 000 importierte Chevrolet Alero sowie Cadillac CTS und SRX in die Werkstatt, wie eine Sprecherin von Chevrolet in Zürich auf Anfrage sagte. Von Unfällen infolge defekter Zündschlösser sei in Europa aber nichts bekannt.
Neben den Zündschlössern macht in der neuerlichen Rückruf-Welle vor allem die Elektronik Probleme. „Wenn uns irgendein anderes Problem bekannt wird, werden wir angemessen und ohne Zögern handeln“, versprach Konzernchefin Barra. Sie versucht auf diese Weise, das Vertrauen der Kunden in den Hersteller zu bewahren.
Das scheint auch im Großen und Ganzen zu gelingen. Die Verkäufe auf dem hauptsächlich betroffenen US-Markt stiegen bis zuletzt. GM habe den besten Juni-Absatz seit dem Jahr 2007 verbucht, teilte der Konzern am Dienstag mit. Die Aktie legte daraufhin zu.
Die seit Jahresbeginn amtierende Konzernchefin lässt nach dem Bekanntwerden der Schlampereien bei den Kompaktwagen systematisch nach Fehlern fahnden. Seit Jahresbeginn hat der Konzern Rückrufe angestoßen, die grob gerechnet 29 Millionen Wagen umfassen. Das sind etwa drei Jahresproduktionen.
Die Kosten für die Reparaturen steigen durch die jüngsten Rückrufe um weitere 500 Millionen Dollar auf insgesamt rund 2,5 Milliarden Dollar (1,8 Mrd Euro) seit Jahresbeginn. Der Konzern hatte wegen des verschleppten Rückrufs überdies eine Strafe von 35 Millionen Dollar an die Verkehrssicherheitsbehörde zahlen müssen. Oben drauf kommen die Auszahlungen durch den Entschädigungsfonds.
Der vom US-Autohersteller bestellte Anwalt Kenneth Feinberg versprach am Montag eine „schnelle Entschädigung“, die im Einzelfall bei einem Millionenbetrag liegen kann. Eine Obergrenze für den gesamten Entschädigungsfonds gibt es nicht. Die genaue Summe richtet sich nach dem Alter, der Schwere der Verletzungen und im Todesfall auch danach, ob jemand eine Familie zu versorgen hatte.
Knackpunkt könnte aber werden, wen Feinberg und sein Team als Unfallopfer anerkennen. Verbraucherschützer kommen alleine bei den Kompaktwagen auf mehr als 300 Tote. Feinberg verwies darauf, dass zunächst die Anträge überprüft werden müssten. Die Unfälle liegen zumeist schon Jahre zurück.
Bei den 2,6 Millionen älteren Kompaktwagen war der Schalter des Zündschlosses zu schwach ausgelegt, weshalb der Zündschlüssel während der Fahrt zurückspringen kann. Das schaltet nicht nur den Motor, sondern auch Bremskraftverstärker, Servolenkung und schlimmstenfalls die Airbags ab. GM-Ingenieure ignorierten den Mangel trotz früher Anzeichen mehr als zehn Jahre lang.