Golf statt Passat: Volkswagen will Rückrufreihenfolge ändern

Wolfsburg (dpa) - Anstelle des seit Wochen überfälligen Passats könnten bald andere vom Diesel-Skandal betroffene Autos aus dem VW-Konzern - darunter der Golf - in die Werkstätten gerufen werden.

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„Volkswagen wird die Lösung für den Passat mit Hochdruck weiter verfolgen und gleichzeitig versuchen, ein anderes Cluster vorzuziehen“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns an die Vertragswerkstätten, die der Deutschen Presse-Agentur in Hannover vorliegt.

Der Passat sollte eigentlich als Teil der zweiten Rückrufwelle bereits Anfang März anlaufen. Doch das für die Genehmigung verantwortliche Kraftfahrtbundesamt (KBA) verweigert seit Wochen die Freigabe. Offiziell begründen wollten dies weder VW noch das KBA. Nach dpa-Informationen gab es wiederholt Probleme mit Verbrauchswerten. So soll unter anderem der Kraftstoffverbrauch nach dem Aufspielen der neuen Motorsoftware leicht gestiegen sein. Darüber hinaus soll das Amt von Volkswagen neben den obligatorischen Prüfstandskontrollen auch Straßentests verlangt haben.

„Über das Vorziehen ist noch nichts final entschieden“, sagte ein Konzernsprecher auf Anfrage. Aber im Sinne der betroffenen Kunden und auch um eine bestmögliche Auslastung der Werkstätten zu erreichen, gebe es in der Tat entsprechende Überlegungen. „Es geht dabei ebenfalls um betroffene Fahrzeuge mit 2,0 Liter-Dieselmotoren.“ Ob dies nur für die im nächsten Cluster befindlichen Modelle des Golf gelte, oder auch für Fahrzeuge der Töchter Skoda, Seat oder Audi, sei noch nicht beschlossen. „Alle Überlegungen zum etwaigen Vorziehen anderer Modelle erfolgen selbstverständlich in enger Absprache mit dem Kraftfahrtbundesamt.“

Infolge der weltweiten Abgasmanipulationen bei mehr als elf Millionen Fahrzeugen steht Volkswagen vor der größten Rückrufaktion in der Konzerngeschichte. Während in den USA noch keine Einigung mit den Behörden über das Prozedere erzielt werden konnte, durfte in Deutschland zumindest schon der VW-Pickup Amarok in die Werkstätten beordert werden. Dabei handelt es sich aber nur um rund 8500 Fahrzeuge. Der Passat wäre nun das erste Volumenmodell.

Um in den Werkstätten die notwendigen Kapazitäten für den Rückruf der Passat-Modelle zu haben, konkret geht es um rund 160 000 Fahrzeuge, stehen die Vertragshändler seit Wochen in Wartestellung. Einige Werkstätten haben zudem zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. „Natürlich sind die Händler nicht gerade begeistert wegen der Verzögerung“, heißt es aus dem Konzern. Die ganz große Kritik sei bislang aber ausgeblieben.

Am Donnerstag hatte das KBA zumindest für einige andere betroffene Modelle aus der zweiten Rückrufwelle grünes Licht gegeben. Konkret umfasste die Freigabe Varianten der vier Audi-Modelle A4, A5, A6 und Q5 sowie des Seat Exeo. Alle Fahrzeuge sind mit der von VW entwickelten 2,0-Liter-Variante des Skandal-Motors EA 189 ausgestattet. Wie Passat-Fahrer müssen sich auch Halter des Skoda Superb weiter gedulden. Von dem Modell sollten zunächst 19 000 Autos mit einer legalen Software ausgerüstet werden.

Obwohl sich der Konzern offiziell gelassen zu den bereits verlorenen Rückruf-Wochen gibt, sorgt der Zeitverlust hinter den Kulissen für Unruhe. Intern wird der Verzug nach dpa-Informationen auf über eine Viertelmillion Wagen beziffert. Der Vorstand soll bereits die klare Vorgabe erteilt haben, dass der Rückruf trotzdem im laufenden Jahr wie geplant durchgeführt wird.

Um den organisatorischen Aufwand zu bündeln, hatte VW die Rückrufe nicht nach Fahrzeugmodellen, sondern nach Motoren geordnet. In einem Kundenbrief nannte der Konzern Mitte Februar für die Wagen mit 1,2 Litern Hubraum einen Beginn ab dem 30. Mai (Kalenderwoche 22). Die mittelgroßen Motoren mit 1,6 Litern Hubraum sind ab dem 5. September (Kalenderwoche 36) an der Reihe - bei ihnen muss nicht nur eine Software überspielt, sondern auch ein neues Bauteil eingebaut werden.