Düsseldorf IW-Chef Hüther: Revier-Städte entschulden
Düsseldorf · Institut der deutschen Wirtschaft stellt Studie zum Ruhrgebiet vor: Allen großen Problemen zum Trotz kann der Neustart gelingen.
Michael Hüther fordert die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, den klammen Kommunen im Ruhrgebiet unter die Arme zu greifen. „Viele Städte und Gemeinden sind strukturell überschuldet und die gemeindliche Steuerkraft ist gering“, sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW/Köln) am Montag in Düsseldorf. „Mit der Lösung dieses Problems entstehen Spielräume für Investitionen, die zu einer neuen wirtschaftlichen Dynamik führen.“
Konkret schlägt Hüther vor, dass das Land den Kommunen die Kassenkredite abnimmt. Als Vorbild könne das Land Hessen dienen, das diesen Weg unter der Bezeichnung „Hessenkasse“ gegangen sei. Hessen hatte Mitte dieses Jahres von armen Städten und Gemeinden Kassenkredite in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro übernommen. Bei einer solchen Altschuldenentlastung sollte laut Hüther jedoch darauf geachtet werden, dass begünstigte Kommunen zielgerichtet in die Stärkung der regionalen Wirtschaft investieren.
Der Institutsdirektor stellte ein Gutachten zur Zukunft des Ruhrgebiets vor, das das IW im Auftrag der NRW-Unternehmensverbände erstellt hatte. Die Kernbotschaft lautet: Allen großen Problemen zum Trotz kann der Neustart im Revier gelingen, weil die Potenziale durchaus vorhanden sind.
Das Ruhrgebiet punktet
mit seinen Universitäten
Zu den Stärken der Region zählen vor allem die Universitäten. Laut der Studie hat sich das Ruhrgebiet zu einem führenden Bildungs- und Forschungsstandort entwickelt. „Was noch besser werden kann, ist allerdings die Kooperation der Hochschulen mit der regionalen Wirtschaft“, so Hüther. Auf der Habenseite kann die Region auch ihre Lage im Herzen Westeuropas verbuchen. Die mittlere Entfernung zu Autobahnanschlüssen und ICE-Haltepunkten sei die niedrigste in Deutschland.
Stark ist das Revier auch beim Fachkräftepotenzial. Anders als in den meisten anderen Metropolregionen seien hier noch Mitarbeiter unterschiedlicher Qualifikation verfügbar, wenn Unternehmen sich niederlassen oder ihren Standort erweitern wollten. Deutlich über dem Durchschnitt in Deutschland liegt das Ruhrgebiet auch bei allen Kennziffern im Bereich Digitalisierung.
Dringend arbeiten muss das Revier laut Hüther an seinem Image. „Es ist eine grüne, lebenswerte Region mit einem großartigen Kulturangebot. Darüber darf durchaus mehr geredet werden.“
Der Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände NRW, Arndt G. Kirchhoff, nahm das IW-Gutachten als Vorlage, um für die Ruhrgebietskonferenz zu werben. Ziel müsse es sein, eine Aufbruchstimmung fürs Revier zu entfachen. Der mit mehr als fünf Millionen Menschen größte Ballungsraum Deutschlands habe viel zu bieten. „Wir müssen jetzt die Pfunde des Ruhrgebiets herausstellen und nicht in Problemen und Risiken denken“, so Kirchhoff. Er begrüße es, dass Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) alle gesellschaftlichen Gruppen an der Ruhrgebietskonferenz beteiligen wolle.
Nach Meinung Kirchhoffs ist das Revier als dicht besiedelte Region geradezu prädestiniert, in einer vernetzten „Smart-City“ zu digitalen Zukunftsregion Europas zu werden. Es gehe darum, Arbeit, Bildung, Mobilität und Wohnen intelligent und digital zu verknüpfen. „Ich halte viel von der tollen Idee, für das Ruhrgebiet eine Olympia-Bewerbung ins Auge zu fassen. Das meine ich mit dem Denken in großen Linien“, sagte Kirchhoff. Ohne eine belastbare Verkehrsinfrastruktur und einen leistungsfähigeren Nahverkehr mit Bahnen und Bussen werde eine Bewerbung aber nicht erfolgreich sein.