Hans-Werner Sinn: Der streitbare Mahner tritt ab
München (dpa) - Als Schüler wollte Hans-Werner Sinn Missionar werden. Er war Mitglied im Christlichen Verein Junger Männer und der Sozialistischen Jugend und wollte auf den Spuren Albert Schweitzers in die Dritte Welt.
Das Sendungsbewusstsein ist dem 67-jährigen Professor und scheidenden Präsidenten des Ifo-Instituts geblieben. Für seine Überzeugungen geht der Westfale keinem Streit aus dem Weg. Im Unterschied zu früher, da sei er sehr schüchtern gewesen, sagt Sinn: „Bei meiner ersten Vorlesung habe ich mir fast in die Hosen gemacht.“
Nach dem Studium bewarb sich der Volkswirt bei einem Gewerkschaftsinstitut, erfolglos. Stattdessen machte er in der Wissenschaft Karriere. Mit 33 Jahren kam er als Professor von Mannheim nach München, lehrte später auch in Stanford und Princeton. 1999 ließ er sich dann beknien, das ausgelaugte Ifo-Institut neu aufzubauen. Nobelpreisträger Robert Solow lobte: „Er hat München zu einem der Weltzentren für Wirtschaftsforschung gemacht.“
Auf der anderen Seite wurde er auch als „Professor Unsinn“ oder „Boulevardprofessor“ geschmäht, mit seiner Kritik an den Griechenland-Rettungspaketen oder am Mindestlohn etwa eckte er an. Im Dezember wurde Sinn vom Deutschen Hochschulverband zum „Hochschullehrer des Jahres“ gekürt, als „Wissenschaftler, der allein der Rationalität verpflichtet ist und politischen Opportunismus nicht kennt“.
Ende März geht er in Pension. „Da kann ich forschen und Bücher schreiben und mich um mein Privatleben kümmern“, sagt er und lacht. „Meine Frau hat sich zum Glück noch nicht scheiden lassen.“