Hohes spanisches Defizit bringt Brüssel in die Zwickmühle
Brüssel (dpa) - Die Brüsseler EU-Kommission ringt um eine mögliche Bestrafung der Defizitsünder Spanien und Portugal. Der Ausgang der für Mittwoch geplanten Debatte von Behördenchef Jean-Claude Juncker und den 27 Kommissaren sei wegen Meinungsunterschieden offen, hieß es in Brüssel.
Spanien droht letztlich ein Strafgeld von bis zu zwei Milliarden Euro, Portugal von bis zu 360 Millionen Euro. Die Fälle sind beispiellos: Bisher wurden noch nie Sanktionen gegen Defizitsünder verhängt.
Offiziell bestätigte die Behörde lediglich, dass die Kommissare im Rahmen der jährlichen Budget- und Wirtschaftskontrolle über Empfehlungen an die Mitgliedstaaten beraten werden.
Auf die Frage nach möglichen Einwänden Junckers gegen eine Bestrafung sagte Chefsprecher Margaritis Schinas: „Man muss morgen (Mittwoch) abwarten.“ Das „Handelsblatt“ hatte berichtet, Juncker wolle Spanien und Portugal noch eine letzte Chance geben. Besonders delikat ist der Fall Spanien, weil es dort nur eine geschäftsführende Regierung gibt und Neuwahlen im Juni anstehen.
Schinas deutete an, dass es vor dem Beschluss massives Lobbying gibt. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy hatte laut spanischen Medienberichten Juncker gebeten, keine Sanktionen zu verhängen. Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), pochte dem Vernehmen nach darauf, bei der Budgetkontrolle EU-Kriterien einzuhalten. „Vor wichtigen Beschlüssen wenden sich politische Führungspersönlichkeiten an die Kommission“, bilanzierte der Chefsprecher, ohne Einzelheiten zu nennen.
Portugal bekam seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr mit 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung trotz gegenteiliger Zusicherung nicht in den Griff. Auch Spanien verfehlte mit 5,1 Prozent sein Defizitziel deutlich und dürfte es - entgegen einer festen Vereinbarung - auch im laufenden Jahr nicht schaffen, die Maastrichter Defizitmarke von 3 Prozent einzuhalten.
Die Behörde könnte einen Beschluss fassen, wonach Madrid und Lissabon keine geeinigten Korrekturmaßnahmen bei der Neuverschuldung ergriffen. Damit würden die Länder „in Verzug gesetzt“. Das müsste von den EU-Finanzministern bestätigt werden. Erst dann könnte über Bußgelder von bis zu 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung gesprochen werden. Bei Spanien wären das rund 2 Milliarden, bei Portugal etwa 360 Millionen Euro. Der Rahmen bei den Strafgeldern müsse nicht ausgeschöpft werden, hieß es.
Bei Italien, das kein Defizitsünder mehr ist, stehen die Zeichen auf Entspannung. Die Behörde will Regierungschef Matteo Renzi dem Vernehmen nach Spielraum bei der Budgetsanierung zubilligen, da die Regierung Reformen in Angriff nahm.