Hurrikan „Sandy“ trifft Versicherer härter als gedacht
Zürich (dpa) - Hurrikan „Sandy“ hat nach neuen Schätzungen des Branchenriesen Swiss Re einen Versicherungsschaden von 20 bis 25 Milliarden Dollar angerichtet. Der Wirbelsturm hatte Ende Oktober vor allem an der Ostküste der USA gewütet.
Mit einer solch hohen Summe hatten bisher nur wenige Experten gerechnet.
Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer aus der Schweiz dürfte davon nach eigener Schätzung 900 Millionen Dollar (771 Mio Euro) zu tragen haben, wie er am Montag in Zürich mitteilte.
„Sandy“ wäre damit für die Versicherungsbranche der zweitteuerste Hurrikan. Der teuerste Wirbelsturm aller Zeiten war bislang Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005, der die Versicherungsbranche laut Angaben der Munich Re mehr als 62 Milliarden Dollar kostete. Die volkswirtschaftlichen Schäden summierten sich damals auf 125 Milliarden Dollar. Rückversicherer übernehmen Teile der Risiken von Erstversicherern und bieten vor allem Großkunden wie der Industrie auch direkt Versicherungsschutz an.
Auch Weltmarktführer Munich Re und der Branchendritte Hannover Rück erwarten hohe Schäden. Ihre Gewinnerwartungen für 2012 sehen beide Konzerne jedoch weiter nicht in Gefahr, wie Sprecher der Unternehmen bekräftigten.
Die Schweizer sind die ersten unter den größten drei Rückversicherern, die sich mit einer konkreten Schadenschätzung an die Öffentlichkeit wagen. Munich-Re-Finanzchef Jörg Schneider hatte vor knapp drei Wochen lediglich eine Belastung im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich angekündigt. Diese Aussage gelte weiter, sagte ein Sprecher am Montag.
Der kleinere Konkurrent Hannover Rück wagt weiterhin keine Prognose, hat aber noch viel Luft in seinem veranschlagten Großschadenbudget. Von den vorgesehenen 560 Millionen Euro für das laufende Jahr hatte das Unternehmen nach den ersten neun Monaten erst 193 Millionen Euro ausgeschöpft. Hannover-Rück-Finanzchef Roland Vogel hielt es daher zuletzt für unwahrscheinlich, dass „Sandy“ diesen Rahmen sprengt. Darauf verwies nun auch eine Unternehmenssprecherin.
Wenn die Angaben zutreffen, hätte „Sandy“ die Swiss Re stärker getroffen als die anderen großen Rückversicherer. Allerdings sagte Swiss-Re-Manager Matthias Weber, die großflächigen Stromausfälle, Störungen im öffentlichen Verkehr und Schäden an anderen Teilen der Infrastruktur hätten nicht nur die Aufräumarbeiten, sondern auch die Schadenermittlung erschwert. „Unsere Schätzung von Ansprüchen unterliegt deshalb einem höheren Ausmaß an Unsicherheit als üblich.“
Während Swiss Re mit bis zu 25 Milliarden Dollar rechnet, hatten Experten des Risikoanalyse-Spezialisten Eqecat zuletzt versicherte Schäden von 10 bis 20 Milliarden Dollar prognostiziert. Konkurrent AIR Worldwide ging nur von 7 bis 15 Milliarden Dollar aus. Die Experten des Anbieters RMS nannten hingegen wie die Schweizer 20 bis 25 Milliarden Dollar als Rahmen.
Hurrikan „Sandy“ hatte Ende Oktober über der Karibik und den Bahamas getobt und anschließend schwere Zerstörungen an der Ostküste der USA angerichtet. Stark betroffen war auch die Metropole New York. Noch rund drei Wochen nach „Sandy“ hatten tausende Menschen an der US-Ostküste keinen Strom, Benzin wurde rationiert. Allein in den USA riss „Sandy“ mehr als 100 Menschen in den Tod.