Illegale Absprachen: Investmentbanken im Visier der EU

Brüssel/Frankfurt (dpa) - Die Deutsche Bank und die Commerzbank sind ins Visier der EU-Wettbewerbshüter geraten: Zusammen mit 14 weiteren internationalen Investmentbanken sollen sie sich bei Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps/CDS) in illegaler Weise abgesprochen haben.

Es seien dazu zwei Kartellverfahren eingeleitet worden, teilte die EU-Kommission mit. Die oft undurchsichtigen Absicherungs-Geschäfte über CDS stehen verstärkt schon seit Ausbruch der Finanzkrise am Pranger. Ursprünglich waren sie als Versicherungen gegen Ausfallrisiken von Anleihen oder Krediten - auch von Staaten - gedacht. Inzwischen seien die Papiere aber selbst Gegenstand von Spekulationen geworden, sagte die Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Im Zuge der Schuldenkrise in der Eurozone hatte es auch den Vorwurf gegeben, der CDS-Markt habe Spekulationen gegen finanzschwache Mitgliedsländer wie etwa Griechenland verstärkt.

Im ersten Verfahren der Wettbewerbshüter geht es darum, ob die 16 Investmentbanken und Markit, der führende Anbieter von Finanzinformationen auf dem CDS-Markt, sich in illegaler Weise absprachen. „Uns liegen Hinweise vor, dass die Banken den Großteil aller wichtigen Tagesdaten etwa zu Preisen ausschließlich an Markit weitergeben“, hieß es bei der Kommission. Ein solches Verhalten könnte gegen die Kartellvorschriften der EU verstoßen. Unter den betroffenen Kreditinstituten sind unter anderem JP Morgan, Barclays, Goldman Sachs oder die französische Société Générale.

Falls die Kartelljäger der Kommission in den Verfahren ihre Vorwürfe beweisen können und eine förmliche Entscheidung treffen, drohen den beteiligten Unternehmen Bußgelder von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes. Dieser Rahmen wird aber üblicherweise nicht ausgeschöpft. Möglich sind auch EU-Auflagen für die Geschäfte. Absprachen zum Schaden von Kunden, Konkurrenten und Verbrauchern sind in der EU streng verboten.

„Im zweiten Verfahren ermittelt die Kommission gegen neun dieser Banken sowie ICE Clear Europe als führende Clearing-Stelle für CDS“, berichtete die Kommission. Die Geldhäuser hätten Vereinbarungen mit ICE getroffen, in denen einige Klauseln Anreize für Banken darstellen könnten, ausschließlich ICE als Clearing-Stelle zu nutzen, teilte die Kommission mit. Während die Commerzbank nur beim ersten Verfahren unter Verdacht steht, ist die Deutsche Bank von beiden Fällen betroffen. Die Deutsche Bank äußerte sich auf Nachfrage nicht zu den Verfahren.

Auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier befasst sich mit den Kreditausfallversicherungen: Er legte im vergangenen Herbst einen Gesetzesentwurf vor, der eine bessere Überwachung von Kreditausfallversicherungen vorsieht. Es habe aber keinen Hinweis von Barniers Dienststellen auf mögliche Verstöße gegeben, sagte die Sprecherin Almunias. Die beiden Verfahren seien auf Initiative des Bereiches Wettbewerb in der Kommission eingeleitet worden. Aktuell gebe es keine stichhaltigen Beweise für Verstöße gegen das Kartellrecht, auch keine Beschwerden von anderen Händlern oder Clearing-Stellen.

Die Kartelljäger verzichteten in dem Fall auf Razzien in den betroffenen Unternehmen. Unangemeldete Durchsuchungen sind bei Brüsseler Kartellverdacht durchaus üblich.